Denkt man an den Anadolu Rock, fallen regelmäßig drei Namen: Barış Manço, Cem Karaca und Erkin Koray. Während die ersten beiden schon vor Jahrzehnten starben (1999, 2004), harrte einer immer noch aus, wenn auch fern der Heimat in Kanada. Nun ist mit 82 Jahren auch Erkin Koray gestorben – an einer Lungenkrankheit.
Koray war nicht nur der Erste, der die damals sehr verruchte aktuelle amerikanische Musik in den Fünfzigern in der Türkei spielte, er blieb auch lange Zeit der Einzige. Der anderthalb Jahre jüngere Manço sah ihn 1957 bei einem Auftritt in einem Istanbuler Gymnasium und war davon beeindruckt. Das Konzert bestärkte ihn darin, Profimusiker zu werden.
Koray entstammte einem musikalischen Haushalt, lernte früh Klavier und Gitarre. Er empfand sich während seiner Karriere weitgehend als Einzelkämpfer, wie er auch in Fatih Akıns Film Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul 2005 betonte. Einmal schmiss er sogar während eines Konzerts in Ankara frustriert alles hin und verließ die Bühne und seine Band.
Seine Alben veröffentlichte er teilweise im Ausland. Koray schöpfte aus vielen Traditionen – von der Volksmusik über türkische Klassik bis zu Rock, Psychedelic und Metal. Er hinterließ der Welt nicht nur unvergessene Melodien wie „Estarabim“ und das ikonische Album Elektronik Türküler (1974), sondern auch ein neues Instrument: Zusammen mit dem ebenfalls berühmt gewordenen Musiker und Sänger Orhan Gencebay entwickelte er die elektrische Bağlama, damit das türkische Nationalinstrument auch neben lauten Rockgitarren und E-Bässen bestehen konnte. Ohne ihn klängen Bands wie Baba Zula, Altın Gün und Derya Yıldırım & Grup Şimşek heute definitiv anders – wenn es sie denn überhaupt gäbe.
Ines Körver
Foto: Cover des Albums Elektronik Türküler von 1974
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