Kris Kristofferson

* 22.6.1936 Brownsville, Texas
† 28.9.2024 Maui, Hawaii

2. Oktober 2024

Lesezeit: 3 Minute(n)

„Me And Bobby McGee“, „Help Me Make It Through The Night“ – zwei Welthits, die ihm bis heute jeder nachsingt, der eine Gitarre zu spielen lernt. Lagerfeuer, Folk, Country – das war ohne Kris Kristofferson für mehrere Generationen kaum denkbar. Seine originäre Leistung war es, in den späten Sechzigern explizite Liedtexte über Sex, Drogen und den Hippie-Lifestyle in Nashville durchgesetzt zu haben.

Dabei war nach dem ersten Album eigentlich wieder alles vorbei. 34 Jahre war er da schon alt. Geboren in Texas als Sohn eines US-Generals, die Großeltern schwedische Einwanderer. Literarische Ambitionen, die bis zu einem renommierten Rhodes-Stipendium an der Elite-Uni Oxford reichten. Dann doch die Fußstapfen des Vaters, Pilot bei der Army, drei Jahre in Bad Kreuznach. Aber die Leidenschaft ließ ihn nicht los. Es war Mitte der Sechziger, und er war Hippie – Jeans, Kiffen, lange Haare, Gitarre. Also ging er nach Nashville, um Songs zu schreiben. Fünf Jahre nur ein paar Achtungserfolge, bis er zu drastischeren Maßnahmen griff. Als Johnny Cash seine Demos zunächst ignorierte, flog er mit einem Hubschrauber in dessen Garten und übergab sie ihm.

„Sunday Morning Coming Down“ wurde ein Nummer-eins-Hit. Endlich konnte Kristofferson sein Debüt aufnehmen, aber wieder waren es andere, die mit dem Material Erfolge feierten: Janis Joplin sang sich posthum mit seinem Lied über die Anhalter und Anhalterinnen mit dem „dirty red bandana“ zu Platinum. Jetzt wollte jeder ein Lied von ihm, alle coverten, was ging. Country, Soul, Rock, Adult Pop. Frank Sinatra, Elvis und all die anderen bedienten sich aus seinem Repertoire.

Die folgenden neun Alben kann man überspringen. Anfangs mehr, zunehmend weniger waren interessante Lieder darauf, textlich oft auf hohem Niveau, musikalisch ohne Richtung und Anspruch. Eine Handvoll Singles in den Top 100 der US-Charts, in die Top Ten schaffte er es nie. Kristofferson war weniger Singer, mehr Songwriter. Weil er selbst das früh erkannte, widmete er sich der Schauspielerei. Sam Peckinpah holte ihn für Pat Garrett jagt Billy The Kid und Convoy, Martin Scorsese für Alice Doesn’t Live Here Anymore. Michael Cimino für Heaven’s Gate. Das Musical A Star Is Born mit Barbra Streisand brachte ihm sogar einen Golden Globe ein. Bis ins hohe Alter war das markante, bärtige Gesicht im Kino zu sehen.

Im Abstand von fünf Jahren erschienen ab 1985 drei gut produzierte Alben der Supergroup The Highwaymen, in der er mit Johnny Cash, Willie Nelson und Waylon Jennings die verblassenden Karrieren am Laufen hielt. Ende der Achtziger schob er mit Repossessed und Third World Warrior dann doch noch mal zwei großartige Soloalben nach. Kristofferson predigte im Sprechgesang linksradikale Parolen. Selbst Bob Dylan war so beeindruckt, dass er „They Killed Him“ auf Knocked Out Loaded coverte. Als Sinead O’Connor auf der Bühne des Dylan-Tributes 1992 zu Tränen gemobbt wurde, war Kristofferson es, der sie in den Arm nahm und, von den Mikros für die Ewigkeit eingefangen, sein „Don’t let the bastards get you down“ zuflüsterte. Auch so ein „Moment Of Forever“, wie das wunderschöne Liebeslied des gelungenen gleichnamigen Albums von 2008 hieß.

Da war er längst zur lebenden Legende mutiert. Wovon nicht zuletzt einige Tribute-Alben zeugen, unter anderem von Willie Nelson, einer Starbesetzung aus Kollegen und Kolleginnen wie Alison Krauss, Buddy Miller, Emmylou Harris oder von Indiebands wie Calexico, Souled American, The Handsome Family auf einem Sampler. Kristofferson wiederum förderte viele andere Musikschaffende. Er entdeckte John Prine und finanzierte das erste Album von Billy Joe Shaver, inspirierte auch die deutsche Szene: Gunter Gabriel zu „Freiheit ist ein Abenteuer“, Volker Lechtenbrink und Knut Kiesewetter zu „Sonntag Morgen“, STS zu „Gö du bleibst heut Nacht bei mir“ oder Shiregreen zu „When You Play Kristofferson“.

Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt mit Rosanne Cash stand der 87-Jährige sehr zerbrechlich auf der Bühne, sein Blick, seine Stimme kamen da schon von weit her aus dem Songwriterhimmel. Kris Kristofferson starb am 28. September 2024 zurückgezogen in seiner Wahlheimat Hawaii.

Martin Wimmer

Foto: Kris Kristofferson (© Stefan Brending, Wikimedia CC BY-SA 3.0 DE)

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