Gitarrist mit Faible fürs Exotische

Adax Dörsam zum Siebzigsten

18. Dezember 2025

Lesezeit: 4 Minute(n)

Sein Hauptberuf: Begleiter. Gitarrist Adax Dörsam setzt Lieder von Joana in Szene, spielte an der Seite von Xavier Naidoo in großen Arenen, unterstützte im Studio Schlagerstar Tony Marschall und erfand mit De-Phazz den erfolgreichsten deutschen Lounge Jazz. Produzenten rufen ihn an, wenn exotische Saiteninstrumente eingespielt werden sollen. Doch seine heimliche Liebe gehört dem Reisen und dem Entdecken neuer Länder und Musikkulturen. Als der folker ihn anruft, kommt er gerade von einer Tour aus Armenien.

Text: Udo Hinz

Gitarrist Adax Dörsam liefert in jeder Stilistik ab: Chanson, Folk, Pop, Rock, Blues, Schlager. Er kennt seinen Wert und fühlt sich doch in der zweiten Reihe wohl. „Ich bin überhaupt kein Frontmann, habe nicht dieses Egoding“, gibt er zu Protokoll. „Ich fühle mich als Begleiter sehr wohl, das ist mein Hauptberuf – auch wenn ich manchmal solo spiele. Als Begleiter muss man das Große und Ganze im Blick haben.“

Dörsam wird 1955 in Mannheim geboren und zupft schon früh bei der katholischen Jugend und den Pfadfindern die Nylon-Wandergitarre. Er gehört der Generation an, der man die Gewissensfrage stellen muss: Beatles oder Stones? „Ich war viele Jahre ganz klar für die Rolling Stones, sie waren mit ‚Street Fighting Man‘ radikaler und härter. Doch die Beatles haben für mich an Gewicht gewonnen, gerade die soften Stücke haben so viel Gehalt. Bei den Stones war die Emotion sehr stark, bei den Beatles ist die kompositorische Seite stärker.“

Die akustische und elektrische Gitarre sind jahrzehntelang die Arbeitsgeräte Adax Dörsams. Schnell hat er im Pop und Rock Erfolg. „Am Anfang war ich ganz stark von Pink Floyd, Jimi Hendrix und Captain Beefheart beeinflusst“, erzählt er, „spielte solche Musik in einer Schulband. Schnell bin ich mit einer lokalen Band und einem Blues-Brothers-Programm deutschlandweit durch Clubs getourt. Dann kamen die ersten Rufe von Leuten, sie zu begleiten. Mit Lydie Auvray spielte ich plötzlich in Stadthallen. Da wurde mir bewusst, was es heißt, Begleitmusiker zu sein.“

„Man muss dem Song dienen.“

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Es ist für den jungen Musiker auch ein Sprung nach vorne in Sachen Gage. Dann steigt er ins kommerzielle Geschäft ein als Begleitung von Joana, Pe Werner oder Lou Bega. „Bei De-Phazz, dem ersten deutschlandweit erfolgreichen Lounge-Music-Act, bin ich bei jeder Platte als Komponist vertreten“, fährt Dörsam fort. „Parallel habe ich in meinem Haus ein 45 Quadratmeter großes Tonstudio aufgebaut und für Leute wie Tony Marschall gearbeitet. Für Xavier Naidoo habe ich zuerst nur im Studio Ethnoinstrumente eingespielt, war dann auf einer Tour dabei und vier Jahre in seiner Band – da war ich im Pophimmel. Doch auch da wurde mir klar, dass man Begleiter ist: Du bist im Fünf-Sterne-Hotel, wirst chauffiert, aber nach dem Auftritt kennt dich keiner. Man wird demütig, wenn man merkt, das ganze Ding funktioniert wegen dem Star, nicht wegen dir, der du ihn begleitest.“

Adax Dörsam beim Waldeck Open Air 2024

Foto: Markus John, www.digitalbelichter.de

Elektrische Gitarre, Pop und Erfolg reichen dem im Odenwald lebenden Saitenspezialisten früh nicht aus. Schon in jungen Jahren spielt er Fingerpickinggitarre à la Werner Lämmerhirt. Gleichzeitig entwickelt er ein Faible für Saiteninstrumente, die einen eigenen Charakter haben. „Der Sound einer Saz, Bouzouki, Balalaika oder Oud spricht mich sofort an“, gesteht er. „Wenn ich einen Ton darauf spiele, elektrisiert mich das. Die sind vom Sound her sehr verschieden, das ist eine andere Klangwelt. Was mich fasziniert, sind die verschieden vielen Saiten eines Instruments und die unterschiedlichen Stimmungen – die portugiesische Gitarre zum Beispiel hat eine fantastische Stimmung, die haut einen um.“ Seine Sammlung von zweihundert Saiteninstrumenten hat Dörsam aber wieder auf einhundert Exemplare reduziert. Mit seiner Freude an exotischen Klängen verdient er auch Geld, denn es gibt nicht viele Musikschaffende in Deutschland, die diese Instrumente professionell im Studio einspielen können.

Eine Solokarriere startet Dörsam erst im Alter von fünfzig Jahren. „Ich habe allerdings schon immer komponiert, schon als Zwölf-, Dreizehnjähriger, Musik wie Text“, räumt er ein. Auf seinen Soloalben spielt er auf Gitarren und exotischen Instrumenten seine eigenen Stücke. Auffallend dabei: Sein Spiel ist sehr musikalisch, mit der Melodie im Mittelpunkt. Dörsam: „Das hängt mit der Einstellung zusammen, die ich als Begleiter auch habe: Man muss dem Song dienen. Das Dienen ist eigentlich sehr wichtig: Es geht um die Melodie oder das Stück – und nicht darum, den neuesten Trick vorzuführen.“

2025 feiert Adax Dörsam im August seinen siebzigsten Geburtstag mit dem neuen Album 25 und einem Buch voller Anekdoten. Nach wie vor ist er ständig mit diversen Projekten auf vielen Bühnen unterwegs – weltweit! „Gerade komme ich aus Armenien zurück“, erzählt er, „ein faszinierendes Land. Ich war auf Tour mit meinen Brüdern und unserem gemeinsamen Trio 3 D. Wir sind alle drei Profimusiker und treten im Frack auf: Mein Bruder Matthias spielt Klarinette und Saxofon zwischen Jazz und Rock und Franz-Jürgen ist reiner Klassiker und arrangiert unsere Stücke in einer witzigen Art. Ich bin sehr gerne unterwegs, war immer auf Achse, bereiste Bhutan und war schon früh in Hawaii.“

Der überzeugte Mannheimer und im nahen Odenwald lebende Musiker strahlt eine sympathische Ruhe aus. Er könnte sich zurücklehnen und sich über das Geld freuen, dass über die GEMA reinkommt. „Ich habe viel komponiert, keinen einzigen Hit, aber sehr viele Stücke, die immer irgendwie im Radio oder Fernsehen laufen“, stellt er fest. Doch das ist nicht die Art Adax Dörsams. Trotzdem: Er hat sich abgewöhnt zu planen, denn: „Es passiert immer ganz viel: Konzerte als Solist, Aufnahmen im Studio, mein Trio, das Gitarrenduo mit Claus Boesser-Ferrari, eine RnB-Band mit dem Grönemeyer-Drummer Armin Rühl, ein Blues- und ein Lyrikprojekt – insgesamt über zehn Liveprojekte mit unterschiedlichen Programmen, da ist kein Ton gleich.“

www.adax-doersam.de

Aufmacher:
Adax Dörsam

Foto: Thomas Veigel

Aktuelles Album:

25 (Timezone Records, 2025)

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