Borduninstrumente sucht man in Bilderbüchern, die Kinder über die Vielfalt der Musikinstrumente informieren sollen, oft vergeblich. Vielleicht wird der schottische Dudelsack vorgestellt. Aber andere Sackpfeifen, Drehleiern und Schlüsselfiedeln? Musizierende dieser Instrumente werden auf Konzerten nicht müde, sie dem Publikum zu erklären. Die Leute sind dann oft sehr interessiert an diesem ihnen unbekannten und mittelalterlich oder exotisch vorkommenden Instrumentarium. Dass Borduninstrumente bis vor zweihundert Jahren auch in Deutschland völlig normal waren und es in vielen europäischen Ländern und darüber hinaus heute noch sind, weiß kaum jemand. Weshalb sich vor 25 Jahren ein paar engagierte Musikschaffende zusammentaten mit dem Ziel, diese Klangtradition auch in Deutschland wiederzubeleben und ins Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen.
Text: Michael A. Schmiedel; Fotos: Bordun e. V.
Sie gründeten den Bordun e. V., den „Verein zur Förderung europäischer Dudelsack- und Drehleiermusik“. Die Vereinswebsite präzisiert: „‚Dudelsack‘ und ‚Drehleier‘ stehen … stellvertretend für die vielen (Bordun-)Instrumente, die in der traditionellen Musik in Europa verwendet wurden und werden.“ Claudia Michalke, erste Vorsitzende des Vereins, nennt im Gespräch mit dem folker aber auch noch einen ganz praktischen Grund für die Vereinsgründung: „Veranstaltende sollten künftig weniger finanzielles Risiko tragen müssen, wenn sie zu Bordunmusik einladen wollten.“
Es gab also schon vorher Bordunmusikveranstaltungen wie Konzerte, Kurse, Festivals, deren Finanzierung jedoch mitunter schwierig war. Gegründet von zwölf Personen, hat der Verein ein Vierteljahrhundert später rund 150 Mitglieder. Ob das viele oder wenige sind, sei dahingestellt, immerhin gibt es sogar Bordunmusikschaffende, die von dem Verein bislang noch nichts gehört haben.
Laut Michalke macht den Bordun e. V. ein vielfältiges Veranstaltungsangebot aus. Aus der Zeit vor der Vereinsgründung stammen die nach wie vor zweimal jährlich auf der Ebernburg in Bad Münster am Stein stattfindenden sogenannten Hummelkurse, die im Herbst 2025 ihre 85. Durchführung erleben werden.
Seit 2004 gibt es die Sommerbordunale, ein Tanz- und Musikfestival am Christi-Himmelfahrts-Wochenende. Nach verschiedenen Stationen unter anderem in der Jugendbildungsstätte St. Michaelsturm in Schaephuysen am Niederrhein ist die Burg Waldeck im Hunsrück nun neue Heimat des Festivals. Im Haus der Volkskunst in Balingen findet zudem seit 2015 das South-Folk-Festival statt.
„Vernetzung ist dem Verein wichtiger als abgrenzende Betonung nur der eigenen Angebote.“
Auf Burg Rothenfels im Spessart wird 2026 zum dritten Mal die Rothenfelser Borduney abgehalten, die sich der Musik des Hoch- und Spätmittelalters widmet. In München verbindet Trad & Bordun bayerische Tradition mit europäischem Bal Folk. Und auf der Ronneburg in der Wetterau bietet der Tag der Drehleier Einblicke in verschiedene Entwicklungsstufen der Instrumentengeschichte vom Organistrum bis zur E-Gurdy – dieser soll ein ähnlich zentrales Ereignis werden wie Le Son Continu bei Château d’Ars in Frankreich.
Der Bordun e. V. kooperiert auch mit anderen Anbietenden wie den Nürnberger Borduntagen von Alex Zwingmann, dem Klangrauschtreffen von Merit Zloch und Matthias Branschke im niedersächsischen Hösseringen, dem Spielkurs in Passau, der Szene in Torgau, dem Musikinstrumentenmuseum in Lißberg oder den Mühlenpfeifern in Thüringen, was zeigt, dass Vernetzung über die Vereinsgrenzen hinaus dem Verein wichtiger ist als abgrenzende Betonung nur der eigenen Angebote. Das zeigt sich auch darin, dass der Bordun e. V. 2022 dem Verband Profolk beigetreten ist.
Der Verein will in erster Linie Menschen, von Kindern bis Fortgeschrittenen, ermöglichen, Instrumente aus dem Bordunmusikbereich wie Drehleier oder Dudelsack zu erlernen. Dazu bietet er Kurse auf unterschiedlichem Niveau an, vom Einstiegskurs über gesungene Tänze bis zu gemischten Ensembleworkshops mit unterschiedlichen Instrumenten und Musikrichtungen. Auch Vorträge zu Themen rund um die Bordunmusik werden durchgeführt. Stilistisch stehen insgesamt Folkmusik und Bal Folk im Zentrum, beides so weit gefasst, wie es auch der folker tut – Claudia Michalke schreibt: „Auch Kurse für Improtechnik werden angeboten. So entsteht eine musikalische Brücke zwischen Tradition und Innovation – ganz im Sinne einer offenen, neugierigen Musikkultur.“
Die Coronazeit überstand der Bordun e. V. mit Onlineformaten, was ganz gut funktionierte, aber als diese Zeit vorüber war, drängte es die Mitglieder doch wieder zum gemeinsamen Musizieren vor Ort. Die Rückkehr zu persönlichen Treffen und das Zusammenspiel sind auf jeden Fall wertvoll, da sie die zwischenmenschliche Verbindung und die Haptik der Instrumente stärker betonen. Dennoch ist es ermutigend, dass der Verein auch die Vorteile der digitalen Welt nutzt, um den Mitgliedern mehr Flexibilität und neue Möglichkeiten zu bieten, sei es durch Onlineunterricht oder die Nutzung moderner Vereinssoftware.
Die Frage, ob dies die Zukunft ist, bleibt spannend. Es scheint, dass eine Kombination aus beiden Welten – der persönlichen Begegnung und der digitalen Vernetzung – eine vielversprechende Richtung für den Fortbestand des Bordun e. V. darstellt, wenngleich die Herausforderung neben wegfallenden Veranstaltungsorten die Frage ist, wer noch Interesse hat, sich ehrenamtlich zu engagieren. Der Verein sucht daher Menschen, die Freude daran haben, diese Musikkultur mitzugestalten. Und es spricht vieles dafür, dass er weiterhin wachsen wird. Das aber ist ihm zu wünschen.







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