Zwei neue Namen und das gleiche Problem: Was tut man als Musikprofi, wenn man mit beiden Beinen fest in der Tradition steht, sich aber nicht langweilen möchte? Die Lösung, wenn man bei der üblichen akustischen Instrumentierung bleiben will: eigenes Material schreiben und dabei, wenn nötig, Genregrenzen überwinden. Die Ergebnisse der entsprechenden Aktivitäten fielen bei den beiden Gruppen des Doppelkonzertes recht unterschiedlich aus, was in der Kombination einen besonders anregenden musikalischen Abend ergab.
Text: Almut Kückelhaus
Sabrina Palm (Fiddle), Simon Bay (Akkordeon) und Hartmut Frost (Gitarre) fanden im vergangenen Jahr in Köln zusammen. Der Schwerpunkt des Trios liegt auf Instrumentalmusik. Die Besetzung bietet sich dafür an, da Begleitung und Melodie auf vielfache Weise wechseln können, ohne dass der Sound dünn wird. Die wunderschönen, selbst komponierten Melodien waren mit rhythmischen und harmonischen Kniffen so organisch arrangiert, dass dem satten Hörgenuss nichts entgegenstand. Dazu kamen live die freundliche Präsentation und eine positive Ausstrahlung. Die Musik klang mitteleuropäisch, mit Einflüssen von Tanzmelodien aus dem Westen und Norden. Wer kann einen klangvollen Walzer schon geografisch zuordnen? Mit Hartmut Frost hat die Gruppe zudem einen guten Sänger und Songschreiber an Bord, der eine weitere musikalische Farbe einbrachte. Das rund einstündige Set kam gut an und machte Lust auf mehr.
Bei den Jeremiahs aus Irland stellte sich mir eher die Frage, warum ich noch nichts von dieser tollen Formation gehört hatte, die immerhin schon seit 2013 besteht. An der Qualifikation der vier Bandmitglieder kann es nicht liegen. Die aus Cork stammende Fiddlerin und Bratschistin Niamh Varian-Barry war einige Zeit bei der US-amerikanischen Folksupergruppe Solas. Mit zwei eigenen Liedern zeigte sie sich auch als gute Sängerin und Songschreiberin, wobei sie ein wenig Country ins Spiel brachte. Julien Bruneteau aus Bordeaux hat Jazz studiert und ist so tief in die irische Musik eingetaucht, dass er mit der gleichen Mühelosigkeit auf ihr aufbauen kann wie seine Kollegin. Die abenteuerlichen Läufe erinnerten an die Gruppe Flook. Zwei Dubliner komplettieren das Quartett: James Ryan, auf der Bühne der ruhende Pol, zeichnete sich dabei als begleitender Gitarrist durch seine enorme Vielseitigkeit aus. Unverwechselbar aber werden die Jeremiahs durch ihren Sänger Joe Gibney. Klein an Körpergröße, aber, wie sich sofort zeigte, ganz groß an Stimme. Sein Markenzeichen: Beim Singen hat er die linke Hand am Ohr.
Ein Album in der aktuellen Besetzung ist in Arbeit und soll zum Ende des Jahres erscheinen.
The Jeremiahs
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