Jubiläen sollen gefeiert werden, und so gab es denn gleich zwei zu zwanzig Jahren Paul Bartsch & Band in der Saalestadt Halle. Eines im Juni, das andere im August – letzteres mit einem besonderen Gast: Christian „Kuno“ Kunert, bekannt von der Gruppe Renft und dem Duo Pannach und Kunert. Es wurde ein stimmungsvoller Abend mit wunderbaren Liedern.
Text: Reinhard „Pfeffi“ Ständer
So etwas nennt man das Glück der Tüchtigen – zwischen Regentagen genau einen Tag warme Sonnenstrahlen! Beste Voraussetzungen für ein gutes Konzert. Als Veranstalter fungierte der rührige Verein Peißnitzhaus e. V., ein Förderverein zur Restaurierung und Nutzung des Kulturhauses Peißnitzinsel, eines hübschen Schlösschens auf einer Insel inmitten der Saale, der sich mit dieser Veranstaltung alle Mühe gegeben hatte. Zum Lohn war die Freilichtbühne mit vielen bunten Lichtern denn auch gut besucht.
Paul Bartsch_Foto: Thomas Kuhne
Der Liedermacher Paul Bartsch gründete seine Band 2003, ihr erstes Album Bruchpiloten mit intelligentem Liedrock in der Tradition der DDR-Liedszene ließ aufhorchen. Und so begann das abendliche Konzert auch mit drei Songs dieses Albums, um danach mit dem treffenden Lied „Irgendwann“ zu Kuno überzuleiten, dem „Stargast“ des Abends. Kuno, der wegen eines Gehörhandicaps nur noch selten auftritt, dafür aber auch als Buchautor bekannt ist, kann man als lebende Legende bezeichnen, einst sowohl mit der Gruppe Renft als auch im Duo mit Gerulf Pannach in der DDR verboten und dann in den Westen abgeschoben.
Christian „Kuno“ Kunert_Foto: Peter Branscheid
Kuno trug vorwiegend Lieder seines Weggefährten Pannach vor, der 1998 verstarb, darunter mit „Als ich wie ein Vogel war“ eines der wohl schönsten Lieder aus DDR-Zeiten und spätere Songs wie „Friedenslied“, „Für uns, die wir noch hoffen“ und „Sonne wie ein Clown“. Dazu erzählte er mit trockenem Humor in den Zwischentexten Anekdoten aus frühen Zeiten, von Renft-Konzerten in der DDR-Provinz und Stasibegebenheiten. Das interessierte nicht nur die älteren Zuschauer. Nach einem weiteren Bartsch-Song ging es in die Pause, in der man die Alben der Band und Bücher von Kuno signiert erwerben konnte.
Im zweiten Teil gab es Lieder aus zwanzig Jahren Bandgeschichte hören. Darunter der mit viel Beifall bedachte „Ostalgie-Blues“: „An den Wochenenden wurde nicht zu Hause rumgehockt, wenn auf irgendeiner Bühne die Klaus-Renft-Combo rockt.“ Auch ältere, aber zeitlose Songs wie „Stechen in See“ oder „Unbekanntes Land“. Reichlich Applaus auch beim „Häuschen im Grünen“ und „Heimat“. In „Liebesland“ beschrieb Bartsch Deutschland auf seine Weise: „Ich liebe dieses Land wie einen Rucksack, der wie Blei auf meine Schultern drückt.“ Gegen Ende des Programmes fand „Ungeheuer Retro“ viel Zustimmung: „Ich muss nicht jeden Furz per WhatsApp allen präsentier’n, das Zwitschern überlass’ ich gern den Finken.“
Paul Bartsch mit Thomas Fahnert_Foto: Thomas Kuhne
Das Publikum wünschte sich wie erwartet Zugaben, die die Band auch erfüllte, darunter den „Blues vom richtigen Streiten“: „Doch wer sich aus der Deckung wagt …, der wird gleich niedergebrüllt.“ Nachdenkliche Worte auf den Heimweg in die laue Sommernacht.
Paul Bartsch mit Gerd Hecht und Sander Lueken_Foto: Thomas Kuhne
Nicht zu vergessen Paul Bartschs Musikerkollegen des Abends: Sander Lueken am Keyboard, Thomas Fahnert an Gitarre und Geige, Ralf Schneider am Schlagzeug und Gerd Hecht am Bass. Übrigens sind auf dem aktuellen Doppelalbum viele der im Konzert gespielten Lieder enthalten, darunter der Titelsong „Stadtmusikanten … stimmen nochmal ihre alten Lieder an!“
Aufmacherfoto: Paul Bartsch & Band_Foto: Thomas Kuhne
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