Von unsicheren Prognosen, Subjektivität und Jubiläen
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
das Editorial wird meist mit einer Vorlaufzeit von drei bis vier Wochen vor dem tatsächlichen Erscheinen des Heftes geschrieben, das heißt, dass ich mit Prognosen vorsichtig sein muss. Leider gilt das nicht für den von Putin angezettelten Krieg gegen die Ukraine, der seinen Jahrestag ganz gewiss überstehen wird. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass der Aggressor seine Ziele noch nicht erreicht hat. Ein anderer Grund ist aber auch, dass zumindest mir persönlich im Westen zu viel zum Beispiel über ein Sondervermögen Bundeswehr und generell über immer neue Waffenlieferungen gesprochen wird, von Gewehren über Kanonen bis hin zu Panzern führt der Weg zu Kampfjets. In dieser Logik haben Waffenstillstand und Friedensverhandlungen keinen Platz, der Tod von täglich Hunderten von Menschen wird hingenommen. Die Ukraine blutet im wahrsten Sinne des Wortes weiter aus, während ich mit Forderungen nach Verhandlungen in der Kategorie „Putins Handlanger“ lande, direkt neben Reinhard Mey.
Das alles ist natürlich die Sichtweise eines vom Krieg nur indirekt betroffenen Westeuropäers. Mir ist klar, dass die Menschen vor Ort durchaus eine andere Einstellung haben können. Wir wollten daher wissen, wie es den Kulturschaffenden in einem Land geht, in dem der Kriegsalltag dominiert, und sind der Banduraspielerin und Sängerin Anastasiya Voytyuk sehr dankbar, dass sie eine subjektive und emotionale Kolumne für uns geschrieben hat. Wir möchten die Berichterstattung über Folkmusik aus der Ukraine darüber hinaus fortsetzen. Wenn die Welt sich auf Waffenlieferungen konzentriert, stellen wir die (Folk-)Künstlerinnen und -Künstler in den Mittelpunkt.
Das 25-jährige folker-Jubiläum nehmen wir unter anderem zum Anlass, die vergangenen Chefredakteurinnen und den einen Chefredakteur zu interviewen. Den Anfang macht in diesem Heft Sabine Froese. Weiterhin planen wir Aktionen in Rudolstadt und beim Bardentreffen, auf die wir im Juni-Heft 2.23 noch genauer hinweisen werden. Es wäre schön, wenn ihr mitfeiern würdet, am besten natürlich, indem ihr folkaffine Menschen aus eurem Umfeld davon überzeugt, dass ein folker-Abo eine feine und für uns sehr wichtige Sache ist, auf Papier oder online via folker.world.
Vermisst ihr vielleicht etwas? Kann durchaus sein, denn in diesem Heft gibt es erstmals keine Terminbeilage. Keine Sorge, den folker-Kalender gibt es auch weiterhin, und zwar unter www.folkerkalender.de – kostenlos aufrufen und kostenlos eintragen, Letzteres einfach, indem ihr euch registriert. Es gibt zwei Gründe, warum wir uns gegen die Beilage entschieden haben. Der erste Grund ist natürlich das Geld, wie könnte es anders sein. Unsere geschätzte Verlegerin möchte ungerne die Abopreise erhöhen, wird aber ihrerseits mit deutlich steigenden Papierkosten konfrontiert. Also muss irgendwo gespart werden, und die Beilage hatte immerhin zwölf Extraseiten. Für den zweiten Grund kommen wir wieder am Anfang dieses Editorials an, denn was für unsichere Prognosen gilt, gilt abgewandelt auch für Termine. Auch die werden ein paar Wochen vor Erscheinen des Heftes an den Layouter gegeben, und wenn die Beilage endlich erscheint, sind auf der sehr populären Kalenderwebsite schon wieder unzählige neue Termine hinzugekommen. Also sparen wir uns das kleine Extradruckwerk, auf folkerkalender.de können die Termine immer tagesaktuell abgerufen werden. Besser könnt ihr in Sachen Konzerte und Festivals nicht informiert sein.
Ich wünsche eine spannende und informative virtuelle Reise nach Irland. Slainte!
Euer Herausgeber
Mike Kamp
(Foto: Anna Bröhl)
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