Lange hat man nichts gehört von der einstigen Wunderstimme Edson Cordeiro. Jetzt meldet er sich mit einem überraschenden Album zurück. Cordeiro klingt hier nur noch vereinzelt nach jenem Stimmakrobaten, der die höchsten Höhen derart ausreizte, dass die Gläser zersprangen. Vor allem hört sich seine Stimme weniger theatralisch an als auf früheren Alben. Dennoch singt der Countertenor weiterhin Stücke in femininer Stimmlage wie den Blues „Lullaby“. Auch ist sein Hang zu überraschenden Stilwechseln zwischen Brasilien, Jazz, Humoresken, Pop und Rock wieder vorhanden, wenn auch nicht mehr so demonstrativ wie einst. Das hat vielleicht damit zu tun, dass die Kompositionen alle vom selben Musiker stammen, dem balladesken brasilianischen Singer/Songwriter Zeca Baleiro. Hinzu kommt, dass Cordeiro speziell die Balladen zurückhaltend singt. Insbesondere „Sangro“, ein spanisch angehauchter Song, ist hervorzuheben. Cordeiro singt ihn zusammen mit der Sängerin Tetê Espíndola, daher die zwei unterschiedlichen Timbres, und lässt gegen Ende einige ergreifende Engelsstimmen erklingen. Eine Rückkehr auf große Bühnen wäre Cordeiro gegönnt, denn live ist er nach wie vor ein Ereignis.
Hans-Jürgen Lenhart
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