Østerlide sind ein norwegisches Trio, das hierzulande längst noch nicht den Ruhm genießt, den es verdient hätte. Die drei spielen seit 2020 zusammen, und das nun vorliegende Album ist einfach umwerfend. Das ist zweifellos vor allem der glockenreinen Stimme der Sängerin Liv Ulvik zu verdanken, die vom ersten Ton an total gefangen nimmt (selbst wenn man die Texte nicht versteht). Sie orientiert sich an traditionellen norwegischen Gesangsstilen, Lockrufen, Beschwörungen, und in den Liedern kommt das alles auch vor. Es geht um Wiedergänger, Kontakt zu den Unterirdischen, um Rache, Frömmigkeit, Gottvertrauen und vor allem um Liebe samt ihren Schattenseiten. So hören wir eine norwegische Version der in ganz Europa verbreiteten Ballade über die beiden Schwestern, die denselben Jüngling lieben. Der Jüngling bevorzugt die jüngere, worauf sie ihre Schwester in den Fluss schubst. Mit den Haaren der Ertrunkenen wird viele Strophen später eine Harfe bespannt, und nun erzählt die Harfe, was wirklich passiert ist. Eine alte Geschichte, aber so dramatisch hat man sie selten gehört. Großes Lob auch für Andreas Haddeland (Gitarre) und Ulrik Ibsen Thorsrud (Percussion), die dezente, aber unverwechselbare Begleitmusik liefern.
Gabriele Haefs
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