Der Wahl-Leipziger mit der Ostfolk-Vergangenheit sollte Besucherinnen und Besuchern des Rudolstadt-Festivals kein Unbekannter sein. Nach mehreren Alben, zumeist mit der Band Pojechali, erschien nun mitten in der Pandemie sein drittes Buch, dem eine Hörbuch-CD beiliegt, auf der er einige der Texte daraus in seiner unverwechselbar kauzigen Art interpretiert, teilweise begleitet von Samuel Pilling und ergänzt durch drei Lieder. Wollenbergs Gedichte und Geschichten zeichnet eine unglaublich skurrile Fantasie aus. Die Dadaisten und Surrealisten des vorigen Jahrhunderts hätten ihre helle Freude daran gehabt. Bereits seine Vita „Aus der Sackrißtei des Herrn Wollenberg“ weist den Leser am Beginn genüsslich darauf hin, was er hier zu erwarten hat. Während der Künstler früher gern düster-morbide daherkam, überwiegt heute eher ein absurder, schräger Humor, und wer darin mitunter keinen Sinn finden sollte, kann sich wenigstens an den schrulligen Wortspielereien erfreuen. In „Ohne Titel“ heißt es dazu: „Ist ihnen nicht aufgefallen, in welch einen irrwitzigen Kosmos ich sie bis jetzt entführt habe?“ Passend dazu hat der Meister das Buch mit eigenen Aquarellen und Grafiken versehen, die ein wenig an Paul Klee oder ähnliche Avantgardisten erinnern. Den Abschluss des Buches bildet das kleine, berührende Gedicht „Abschied“, welches er seiner Muse, der Grafikerin und Liedermacherin Uta Pilling widmete, die 2020 starb.
Reinhard „Pfeffi“ Ständer
Jens-Paul Wollenberg: Sing Seufzer sing : Lyrik, Prosa, Dialoge. – Leipzig : Loewenzahn-Verl., 2020. – 103 S. : mit Farb- u. s/w-Abb. + CD
ISBN 978-3-9819310-1-3 – 20,00 EUR
Bezug: loewenzahn-verlag.com
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