Akademie Burg Fürsteneck

Von Beginn an eine Keimzelle des Folks

7. Juni 2023

Lesezeit: 4 Minute(n)

Neue Impulse machen gemeinsam mit Kontinuität und hoher Qualität das alte Gemäuer an Hessens Grenze zu Thüringen seit mehr als siebzig Jahren zu einem ganz besonderen Ort für Persönlichkeitsbildung durch ästhetische und kulturelle Arbeit. Gemeinsames Musizieren, Tanzen und Singen stehen seit der Akademiegründung im Zentrum der Aktivitäten der überregionalen Heimvolkshochschule. Die ganzen Begriffe mögen ein wenig steif und altbacken klingen, aber so geht es in Eiterfeld keineswegs zu.
Text: Sabrina Palm

Morgens, direkt nach dem Frühstück erklingt im alten Burghof Musik. Aus allen Türen strömen die Menschen aus den Gebäuden. Wie schon zu Gründungszeiten der Akademie in den Fünfzigerjahren ist Zeit für den „Fürstenecker Aufzug“, eine Art Schreittanz, zu dem alle Anwesenden eingeladen sind. Dozent Christoph Pelgen spielt gerne dafür die schwungvolle Livemusik, auch wenn ihm die Müdigkeit noch in den Knochen steckt. Ganzheitliche Bildung ist das Ziel der Arbeit auf Burg Fürsteneck, und zu der gehören eben auch untrennbar die langen Nächte, die oft mit mitreißenden Musiksessions, Tanz und, ja, auch dem einen oder anderen Getränk verbunden sind.

Seit 2004 gibt Pelgen jährlich mehrere Kurse auf der erhabenen Burg, unter anderem für Dudelsack bei der Bordunale im Januar oder auch – gemeinsam mit seiner Tochter Charlotte – Ukulele und Swing. Das Arbeitsumfeld auf Burg Fürsteneck schätzt er sehr. „Die Professionalität ist besonders. Alle arbeiten auf einem wirklich guten Niveau, und jedem wird auf Augenhöhe begegnet.“ Trotz der hoch qualitativen Umgebung gibt es dennoch den „folkigen Charme einer Jugendherberge“ – mit einem großen Plus: „Das Hauswirtschaftsteam arbeitet extrem gut, die Küche ist großartig und bei Bedarf sehr individuell.“

Caroline Heinzel

Foto: Rolf Nobel

Die tollen Bedingungen begeistern nicht nur Pelgen, sondern auch die vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die besonders gerne zu den großen Kurswochenenden in die Rhön kommen, wie etwa in den Bereichen Irish Folk, Bluegrass, oder Orientalische Musik. Organisiert werden alle kulturellen Angebote von den beiden Programmbereichsleitenden Wolfram Benczek und Caroline Heinzel. Letztere beobachtet begeistert die „fantastische Atmosphäre“, die entsteht, „wenn mehrere Dozenten intensiv zusammenarbeiten“. Dies fördert die Akademie beispielsweise durch tägliche gemeinsame Mittagessen aller anwesenden Dozentinnen und Dozenten. Durch die dabei stattfindenden Gespräche entstehen oft neue Gedanken, beispielsweise bei den Kursen zur indischen Rhythmussprache Konnakol und der Rhythmuspädagogik TaKeTiNa. „Was sich aus dieser Kombination ergeben hat, war sehr spannend“ erzählt Heinzel enthusiastisch.

„Wir versuchen, ein Experimentierraum zu sein.“

Man versucht auf Burg Fürsteneck gezielt, einen Mehrwert durch Raum für gemeinsame Aktivitäten zu schaffen. Daher stehen Kooperationen hoch im Kurs, zum Beispiel mit der Deutschen Uilleann Pipes Gesellschaft (DUPG) oder auch international im Zusammenhang der Nyckelharpa-Fortbildungen mit dem Eric Sahlström Institutet im schwedischen Tobo und der Scuola di Musica Popolare di Forlimpopoli in Italien. Initiiert durch den früheren Programmbereichsleiter Karsten Evers, ist das bis vor wenigen Jahren selbst in Folkkreisen weitgehend unbekannte und kaum zu hörende Streichinstrument durch das nachhaltige Engagement des Burgteams mittlerweile nicht mehr ganz so exotisch. Heinzel beschreibt es so: „Die Nyckelharpa fühlt sich hier gar nicht wie eine Nische an, weil der Bereich bei uns so groß ist.“ In der Tat, in Sachen Nyckelharpa ist die Akademie eine wahre Keimzelle und hat vielen Menschen dazu verholfen, kompetente Spielerinnen und Spieler zu werden oder sogar das Instrument selbst zu bauen. „Wir versuchen, ein Experimentierraum zu sein“, sagt Caroline Heinzel. Wenn ein Experiment dann so erfolgreich ist und sich verstetigt, ist das natürlich Grund zu besonderer Freude.

Auch die anderen Fürsteneck-Programmsäulen, die berufliche und die gesellschaftspolitische mit jeweils eigenen Programmbereichsleitungen, setzen markante Schwerpunkte und sorgen mit interessanten Bildungsurlauben sowie demokratiefördernden Ausbildungen für neue Impulse und regen zu innerer Veränderung an. Und diese ist für Burg Fürsteneck auch unerlässlich. Wie das gesamte Team fragt sich Programmbereichsleiterin Caroline Heinzel ständig: „Wie können wir dranbleiben und uns immer wieder erneuern?“ Gerade in postpandemischen Zeiten ist das eine ganz besondere Aufgabe. Inhaltlich versucht das Team im Musikbereich beispielsweise, den weltmusikalischen Schwerpunkt auszubauen und neue Zielgruppen anzusprechen. Zudem stehen in den nächsten Jahren einige bauliche Aktivitäten an. Um der sich verändernden Nachfrage gerecht zu werden, wird es direkt neben der Burg einen schon länger geplanten Neubau geben, der mehrere größere Seminarräume, viele Einzel- und ein paar Mehrbettzimmer beherbergen soll.

Auch wenn der Schwerpunkt der Akademie auf der Erwachsenenarbeit liegt, sollen mit einem attraktiven Jugendtarif genauso junge Leute angezogen werden. Für Dozent Christoph Pelgen ist „die Burg mit ihrem offenen Team und der tollen Arbeitsatmosphäre auf einem sehr guten Weg“.

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Aufmacherfoto:

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