1. Bremer Ukulelenorchester Number One (Eigenverlag)
Musikalischer Gute-Laune-Kick: dreißig Ukulele-spielende und singende Menschen mit einem fetzigen Repertoire. Norddeutsche Songs wie „Am Hafen“ und das plattdeutsche „Wellermann op Platt“ treffen auf englische und spanische Lieder. Perfekt zum Mitsingen sind Evergreens wie „Pack die Badehose ein“ oder „Westerland“ von den Ärzten. Diese Ukulelen-XXL-Formation macht mächtig Spaß.
Udo Hinz
5/8erl in Eh’rn Burn On! (Viennese Soulfood Records)
„Des Geldbörserl sagt: Ich lobe dich heute so sehr sehr, mehr mehr …“ und „Ruhe Macht Panik – mocht mi ruhig“. Burn On! Irgendwie geht es weiter. Trotzdem: Am Schluss findet die Band die Ruhe tatsächlich: „Ka Wort zvü. / Und so vü gsogt is Poesie“. Das Wiener Quintett komprimiert das heutige Leben tatsächlich in Poesie – und kleidet diese locker luftig in Pop, einen Blues, Bossa und etwas Jazz.
Martin Steiner
Aniada A Noar Jenseits des Ganges (Hoanzl)
Die steirische Neue-Volksmusik-Formation um Wolfgang Moitz (Flöten, Gesang) und Andreas Safer (Geige, Mandoline, Mandola, Gesang) widmet ihr neues Album ihrem verstorbenen Akkordeonisten Bertl Pfundner. Lothar Lässer, der neue Mann am Akkordeon, lässt mit seinem selbst entworfenen Instrument neue, überraschende Noten einfließen. Entstanden ist ein zeitlos schönes Album der Neuen Volksmusik.
Martin Steiner
Ánnámarét Bálvvosbáiki (Uksi Productions)
Die samische Künstlerin joikt, aber das oft auf ungewöhnliche Weise. Sie bevorzugt heftigen Rhythmus, viel temperamentvoller, als wir es von ihren Kolleginnen und Kollegen gewöhnt sind, dazu sehr dominierend die Trommel. Immer wieder überraschend ist der abrupte Schluss vieler Stücke. Oft wechselt sie zu einer Art Sprechgesang über, zwischendurch klingt es auch nach sibirischen Einflüssen.
Gabriele Haefs
Áššu Luohteniegut (Nordic Notes)
Áššu ist ein samisches Trio, bestehend aus der Joikerin Ulla Pirttijärvi, dem Schlagzeuger Kenneth Ekornes und dem Gitarristen Olav Torget – die beiden Herren haben sehr unsamische Namen, entsprechend sind sie auf dem Cover, anders als die Chefin, nicht in Tracht zu sehen. Aber sie passen sich dem Joikstil von Ulla Pirttijärvi perfekt an und schaffen mit ihr zusammen ganz neue Klangeffekte.
Gabriele Haefs
Atanda Omonile – Son Of The Soil (One World)
Das Konzeptalbum des nigerianischen Allroundkünstlers möchte den Afrikanern in der Diaspora ihre Kultur und ihr Erbe wieder bewusster machen. Verwurzelt in Afrobeat, Afrojazz, Blues und Folk, mit starken rhythmischen Strukturen ist es von den Legenden afrikanischer Musik inspiriert. Nach einem Sprichwort: „Ein Volk ohne Wissen um seine Geschichte, Herkunft und Kultur ist wie ein Baum ohne Wurzeln.“
Christoph Schumacher
Awkward I Unalaska (Excelsior Records)
Djurre de Haan alias Awkward I erzählt auf seinem vierten Album vom Reisen in das fiktive Unalaska, ein Wort, das er in einem alten Reisetagebuch aufgeschnappt hatte und das ihn zu seinen poetischen Texten in seinem eigenen Tage- beziehungsweise Liederbuch inspirierte. Musikalisch sehr „Unlangweilig“ zwischen Minimalismus, Kammerpop und orchestral, heiter auf den ersten Blick, doch dahinter schimmern Ironie und manchmal düstere Absurdität.
Imke Staats
Behning – Fyson – Homburger Lieder und Songs (Ufer Records)
Standarddeutsche, bodenseealemannische und englische Lieder von Alex Behning, Heather Fyson und Notker Homburger aus dem Konstanzer Land. Teils eigene, teils traditionelle, teils auch vorher schon veröffentlicht. Allemal angenehm zu hören!
Michael A. Schmiedel
Benjamin St. Babylon mit Tex Morton Volksmusik (Timezone Records)
Wie Die Ärzte in Akustikform, so klingt die Musik auf der EP Benjamin St. Babylons, der zusammen mit Tex Morton an der zweiten Gitarre vier Songs eingespielt hat, die einfach nur Spaß machen, weil sie so frech und unkompliziert daherkommen. Da sollte mal ein ganzes Album folgen!
Wolfgang Weitzdörfer
Gisela Berndt & Band Unterwegs (Eigenverlag)
Mehr fragend als klagend besingt Gisela Berndt aus Köln auf ihrem neuen Album das Alleinsein zu zweit, Trennungen, Erwartungen, Abreisen, verlorene Liebe, die Sehnsucht nach Nähe und deren Unerreichbarkeit. Sie schlägt sehr melancholische Töne an, leise aber eindringlich, Liebeslieder der besonderen Art. Sahand Aghdasi alias Djadoo war dabei wieder ihr musikalischer Partner.
Rainer Katlewski
Cammie Beverly House Of Grief (Icons Creating Evil Art)
Eigentlich singt sie bei der Metal-Band Oceans Of Slumber, auf ihrem ersten Soloalbum dominiert hingegen der schwermütige und irgendwie latent entrückte Darkpop mit Folk- und Electroeinflüssen. Sieben Songs, die einen latent depressiv zurücklassen, aber gleichzeitig bezaubern. Das muss man auch erst mal hinbekommen.
Wolfgang Weitzdörfer
Micke Bjorklof & Blue Strip Outtakes (Hokahey Records)
Seit über 35 Jahren ist der finnische Blues- und Bluesrockmusiker Micke Bjorklof in unterschiedlichen musikalischen Formationen aktiv. Anlässlich seines sechzigsten Geburtstags präsentiert das Album Outtakes neun Titel aus den Jahren 2002 bis 2014, die es auf die jeweiligen Veröffentlichungen nicht geschafft haben. Resterampe? Von wegen: gekonnt gespielter Blues zwischen Swamp und Funk mit viel Groove.
Achim Hennes
Bob Bradshaw Live In Boston (Eigenverlag)
Live im Studio in Massachusetts aufgenommenes Album des Iren. Seine Hausband rockt gut eingespielt durch dreizehn Songs, vor allem Material der letzten vier Alben. Mit drei Gitarristen, Bass, Keyboards und Schlagzeug am Werk fallen diese Versionen eine Spur rauer aus als die Originale.
Martin Wimmer
Anouar Brahem After The Last Sky (ECM Records)
Acht Jahre nach seinem letzten Album widmet sich der große Oudvirtuose der metaphysischen Frage, dem Ursprung aller Dinge. Entstanden unter dem Eindruck der Ereignisse in Gaza hat der Tunesier elf melancholische Stücke komponiert, die nicht nur ein Protest gegen eine immer gewalttätigere Welt sind, sondern in denen er auch nach Möglichkeiten sucht, die Hindernisse auf dem Weg zu echtem Frieden zu überwinden. Eingespielt mit Anja Lechner am Cello, Django Bates am Piano und Dave Holland am Kontrabass ist ein wunderbares, zerbrechliches, nachdenkliches Album entstanden, das einen den Atem anhalten lässt.
Erik Prochnow
C.A.P. Abendlied (Eigenverlag)
Lyrik verschiedener Dichter aus unterschiedlichen Zeiten und mit vielfältigen musikalischen Mitteln zu vertonen, ist das Konzept der Gruppe C.A.P., einer Formation aus der Rhein-Ruhr-Region. Zusätzlich zum „Abendlied“ werden unter anderem Lieder nach Gedichten von Goethe und Kästner, Novalis und Theodor Kramer, Wilhelm Busch und Wolfgang Borchert zu Gehör gebracht. Rainer Katlewski
Christine Corvisier 5tet Chansons De Cologne Vol. 2 (Neuklang Records)
Französische Chansonklassiker begleiten das Leben von Christine Corvisier, einer französischen Jazzmusikerin, seit ihrer Kindheit. Es ist ihr Anliegen, diese Songs in einer modernen Jazzvariante wieder zu neuem Leben zu erwecken. Titel von Becaud, Aznavour und Trenet transformiert sie mit ihrer Band sehr gekonnt in eine andere musikalische Dimension.
Rainer Katlewski
Xanthoula Dakovanou Rizituals (Mousa)
Ihr drittes Album widmet die Griechin der westkretischen Vokaltradition des Rizitiko. Der tendenziell getragene, aber kraftvolle Stil geht bis in die byzantinische Zeit zurück und ist normalerweise eine Männerdomäne. Hier singen Frauen – neben Dakovanou unter anderem Eugenia Toli Damavoliti – über Frauen. Einige Männer dürfen dazu Instrumente wie Flöte, Dudelsack und kretische Laute spielen.
Ines Körver
Dawn Brothers Cry Alone (Excelsior Recordings)
Das Quartett aus den Niederlanden vermengt Soul, Folk, RnB aus den Sechzigern, fügt eine Prise Surf-Sound, Southern Rock und Psychedelic hinzu, und der Vergleich mit Tom Petty, der Band Little Feat oder den frühen Eagles drängt sich geradezu auf. Dabei gelingt es ihnen, einen eigenen, entspannt lässigen Sound zu finden, und so ist ihr Repertoire von dem einer bloßen Retro-Coverband weit entfernt.
Achim Hennes
Grey DeLisle The Grey Album (Hummin’ Bird Records)
Es war nicht alles schlecht zu Pandemiezeiten. So fand die Sängerin Grey DeLisle Gelegenheit, jede Menge Songs zu schreiben, die sie hier in Begleitung hochkarätigerMusiker und Arrangeure präsentiert. Sie muss den Vergleich mit Kolleginnen wie etwa Dolly Parton nicht scheuen, das Album klingt wie ein Countryklassiker aus den Siebzigern. Nur manchmal wird es etwas süßlich. Aber die Substanz stimmt.
Volker Dick
Kris Delmhorst Ghosts In The Garden (Big Beam Records)
Sphärisch geht es los, mit viel Hall auf Gesang und den elektrischen Gitarren, was den Melodien etwas Elegisches gibt. Danach fährt die Produktion etwas zurück, wird akustischer, zentral dabei Delmhorsts klare Gesangsstimme, die eine gewisse Magie entfaltet. Pedal Steel und Orgel kommen hinzu, und die Songs bleiben auf dem hohen Niveau dieser ansonsten ausgereiften Produktion.
Michael Freerix
Diverse Folk And Great Tunes From Belarus (CPL-Music)
Noch lebt die Folkmusik in Belarus. Trotz der gescheiterten Revolution 2021. Welche intensive Energie und welche Vielfalt die Kulturschaffenden in Weißrussland derzeit entfalten, demonstriert diese feine Zusammenstellung. Sie umfasst Bands aus den Regionen Brest, Gomel, Grodno und der Hauptstadt Minsk. Und sie präsentiert die ganze Bandbreite des zeitgenössischen Belarus-Folk von Rock und Pop über Alternative, Fusion, Electro sowie Folk Metal bis zu Liedermachern oder Mittelaltersongs.
Erik Prochnow
Dreamers’ Circus Handed On (Go’ Danish Folk Music)
Das dänisch-schwedische Trio bringt eigene Kompositionen, allesamt mit englischen Titeln, aber im Stil der dänischen Traditionen gehalten. Alles klingt durchaus nach Überlieferungen aus Spielmannsbüchern. Einige perfekte Ohrwürmer sind dabei, ganz besonders erwähnt werden mussv der traumhaft schöne, leicht irisch angehauchte zweite Track, „The Great Sea“.
Gabriele Haefs
Eishan Ensemble Northern Rhapsody (ACEL)
Das Eishan Ensemble ist ein mehrheitlich australisches Quartett um den aus dem Iran stammenden, aber seit zehn Jahren down under lebenden Tarvirtuosen und Komponisten Hamed Sadeghi. Das Album entstand auf einer Tournee kreuz und quer durchs Land, was zum Teil die luftige und rhapsodische Struktur erklärt. Man spürt die Weite, Hitze, die durch viel Naturkontakt entstehende Ruhe und Klarheit.
Ines Körver
Charles Ellsworth Cosmic Cannon Fodder (Burro Borracho Rechords)
Ellsworth und sein Produzent Blake Tallent haben dieses Album zu zweit eingespielt, allein unterstützt durch den Pedal-Steel-Spieler Mike Brenner. Trotzdem klingt das ganze wie eine Band, mit Bass und Schlagzeug arg im Vordergrund.
Michael Freerix
Flook Sanju (Download; Flatfish Records)
Das britische Quartett bleibt sich und seinem Sound auch nach dreißig Jahren treu: flötendominierte Klänge unterstützt von Gitarre und Bodhrán irgendwo im musikalischen Niemandsland von Irland, Schottland und England. Und doch liegt der Spannungsbogen genau zwischen diesen Ländern. Instrumentelle, grenzenlose Spielfreude, und jeder Track erzählt seine eigene Geschichte von Krankheit, Liebe, Verlust und Solidarität.
Mike Kamp
Fredman Wundersam ist unser Land – Gedichte von Hubert Weinzierl vertont von Fredman (Eigenverlag)
Fredman alias Manfred Lill aus Sünching singt hier standarddeutsche Gedichte des Naturschützers Hubert Weinzierl, eines der „Väter“ des Nationalparks Bayerischer Wald. Die Poesie rankt sich um die Natur, um Tiere und Pflanzen und um Lebensräume. Es lohnt sich genau hinzuhören. Leider sind weder Texte zum Mitlesen noch Quellenhinweise dabei. Eventuell sind sie ja in Still erlischt das Feenkraut von 2006 enthalten.
Michael A. Schmiedel
Frigg Dreamscapes (Bafe’s Factory)
Frigg ist in der nordischen Mythologie die Gemahlin des Obergottes Odin und zuständig für Schönheit und Erfolg, und da ist es kein Wunder, dass die nach ihr benannte finnische Band (mit norwegischen Wurzeln) klangvolle, harmonische Musik im traditionellen Stil ihrer Länder bringt. Alles Eigenkompositionen, ihre besondere Liebe gehört dem Walzer.
Gabriele Haefs
Peter Gallway Laura – The Music Of Laura Nyro (Galway Bay Music)
Eine Hommage an die 1997 verstorbene Singer/Songwriterin aus New York, für die Peter Gallway zu seinem Gesang alle Instrumente komplett solo eingespielt hat. Einige der Songs hat man von Blood, Sweat & Tears („And When I Die“), Three Dog Night („Eli’s Coming“) und anderen noch im Ohr. Gallways Neuinterpretationen erschließt den Songs eine neue Dimension, entspannt, jazzy, folkig und warmherzig, mit exzellentem Gitarrenspiel. Leider mit nur acht Songs sehr kurz.
Ulrich Joosten
Gamelan Salukat + Jan Kadereit Áshira (One World)
Das Gamelanorchester Salukat und der Komponist Jan Kadereit widmen sich auf diesem Album zeitgenössischen Harmonien und verwobenen Melodien, folgen aber gleichzeitig den Kompositionsmustern der ursprünglichen Gamelanmusik. In den Kompositionen werden unterschiedlich gestimmte Instrumente kombiniert, um Farben zu erzeugen, die kein anderes Ensemble auf der Welt hervorbringen kann. Faszinierend.
Christoph Schumacher
Ghent Folk Violin Project Ogopogo (Homerecords)
Das Ghent Folk Violin Project (GFVP) legt sein drittes Album vor. Unter der Leitung des Geigers Wouter Vandenabeele, bekannt von Ambrozijn und Olla Vogala, spielen im GFVP vier Geigen und eine Gitarre. Mit dabei die Geigerinnen Anouk Sancouk (Broes), Lotte Remmen (Bipolar Bows) und Naomi Vercauteren (Brisk) sowie der Gitarrist Jeroen Knapen (Surpluz). Nachdem beim Vorgängeralbum syrische Musikschaffende beteiligt waren, ist der Sound des GFVP diesmal wieder durchweg europäisch.
Christian Rath
Melvin Haack Das letzte Einhirn (Prosodia)
Man kennt den Berliner Wortakrobaten vom Trio Schnaps im Silbersee. Sein Soloalbum mit 24 Liedern und Zwischentexten, live und nur mit Gitarre aufgenommen, pendelt zwischen Sinn und Unsinn, Wohlstandsquarantäne und Wampenwarnung. Ein Lied bringt uns die lapidare Erkenntnis, dass wir alle nur aus Kohlenstoff bestehen, und ein Trinklied mit russischer Melodie, dass man morgens nie sagen sollte, dass man abends kein Bier trinkt.
Reinhard „Pfeffi“ Ständer
Hartwin Unfolding (Trad Records)
Der Akkordeonist Hartwin Dhoore (Trio Dhoore, Siger, Viorel, Estbel) hat unter seinem Vornamen ein Soloalbum mit Eigenkompositionen veröffentlicht. Es habe ihm ermöglicht, sagt er, sein wahres Ich zu entfalten – das demnach etwas langweilig zu sein scheint. Begleitet wird Hartwin meist von Streichern.
Christian Rath
Andreas Hauffe Einer muss es ja machen (Eigenverlag)
Ein Tausendsassa aus Braunschweig, heute in Königswinter, dessen Biografie sich wie ein bunter Flickenteppich liest, hat im Rentenalter ein Liedermacheralbum veröffentlich, das voll ins Leben greift. Der Alltag, Beziehungen, Politik, Zeitgeist, Angst, Sehnsucht, Illusionen, Dummheit und Haltung, alles ernste Themen, die mit Humor und flotter Musik dargeboten werden, von ihm und seinen Bandkumpels.
Rainer Katlewski
Heisk Headstrong (The Bothy Society)
Sieben schottische Damen mischen in der Besetzung zweimal Fiddle, Elektroharfe, Keyboards, Akkordeon und Drums die Szene folkrockig und sehr abwechslungsreich auf. Und weil alles instrumentell gehalten ist, haben sie sich für zwei Tracks zwei Gastsängerinnen eingeladen, was für weitere musikalische Farbe sorgt. Alles selbst komponiert, aber mit folkloristischer Bodenhaftung. Kommt sympathisch rüber.
Mike Kamp
Sofia Hoffmann (In) Love – Muito Mais Sobre Mim (Spautores, Galileo MC)
Die portugiesisch-deutsche Sängerin und Sitarspielerin reist mit ihren Liedern nach Brasilien. Mit ihrer hellen, oft fast gehauchten Stimme und der lockeren Begleitung fühlt man sich in einer tropischen Strandbar. Im Hintergrund sorgen die Musiker mit Bossa Nova oder auch mal einem Blues für Lounge-Jazz-Feeling. Produziert hat das Album der brasilianische Pianist Ivan Lins.
Martin Steiner
Robert John Hope It Sparks (Musszo Records)
Nach jahrelangem Touren mit seiner Band hat sich der Ire in Berlin niedergelassen, wo auch dies zweite Soloalbum entstand. Der Songwriter besitzt einen bemerkenswerten Stimmumfang. Den wandlungsfähigen Sound, der bereits innerhalb der einzelnen Titel variiert, kann man unter Indiepop/Alternative Rock einordnen. Die folkigen Momente sind ziemlich rar. Leider gab es die Texte nicht zum Nachlesen.
Almut Kückelhaus
Ímar Awakening (Big Man Records)
Wie von den fünf Herren aus Glasgow gewohnt: Präzise und mitreißend gespielter Powerfolk mit willkommenen Atempausen. Stilelemente aus Schottland, Irland und der Isle of Man, dargeboten auf Konzertina, Bodhrán, Gitarre, Fiddle, Flute, Uilleann Pipes, Whistle und Bouzouki. Kommt auf Tonträger ebenso gut rüber wie live, nur das mit dem Tanzen zu Hause ist vielleicht nicht ganz so einfach.
Mike Kamp
Naïssam Jalal Souffles (Les Couleur du Son)
Die französische Flötistin und Komponistin mit syrischen Wurzeln hat für ihr zehntes Album acht Bläser zu Duoaufnahmen eingeladen. Entstanden sind intime und lebendige Dialoge mit Archie Shepp, Emile Parisien, Irving Acao, Louis Sclavis, Robinson Khoury, Sylvain Rifflet, Thomas De Pourquery sowie Yom und ihren jeweiligen Windinstrumenten. Eine Einladung, dem individuellen Atem der Musik nachzuspüren.
Christoph Schumacher
Jethro Tull Curious Ruminant (Inside Out)
Ian Anderson ist eine echte Konstante – seit bald sechzig Jahren veröffentlicht er mit seiner Band Folk, Rock und Progressive Rock in hoher Qualität. Das neue Album ist dabei wieder etwas folkiger und überzeugt mit typischen Flötentönen und einer Sechzehn-Minuten-Nummer namens „Drink From The Same Well“.
Wolfgang Weitzdörfer
Melón Jimenez & Lara Wong Confluencias (Canada Council For The Arts)
Die preisgekrönte kanadische Querflötistin Lara Wong hat mit ihrem musikalischen Partner Melón Jimenez, an der Flamencogitarre, ein äußerst leichtfüßiges, farbenfrohes Duoalbum aufgenommen. Sobald sie zur indischen Holzquerflöte Bansuri wechselt, tun sich exotische, fernöstliche Welten auf, Ausflüge nach Afrika und Galicien folgen. Flamencobasierte Musik, die scheinbar mühelos Erik Satie und Deep Purple zitiert.
Rolf Beydemüller
Mariao João Abundância (Galileo MC)
Die Portugiesin überquert Welten. Auf früheren Alben bewies sie ihre Liebe zu Brasilien, Jazz und sogar Klassik. Heute pendelt sie selbst zwischen Portugal und Mosambik. Passend zum Albumnamen lässt João verschiedenste, vor allem afrikanische Einflüsse in ihr aktuelles Werk einfließen. Ihre Stimme schraubt sich in ungeahnte Höhen und gibt ihren Mitmusikerinnen und -musikern Raum für Experimente.
Martin Steiner
Maimu Jõgeda Nordic Reflections – Peegeldusi Põhjamaadest (Maimusic)
Die estnische Akkordeonspielerin und Sängerin Maimu Jõgeda hat mit zwei Ausnahmen die Stücke auf ihrem neuen Album selbst komponiert. Bei den beiden traditionellen Stücken orientiert sie sich an Feldaufnahmen von 1923 (der estnischen Minorität in Sibirien) und 1967 (von der Insel Ruhnu). Wie so viele im Norden liebt sie den Walzer, aber auch ein norwegischer Halling ist mit von der Partie.
Gabriele Haefs
Chris Kläfford What I’m Running From (HoxFord Records)
Man vermutet nicht, dass der Mann mit der enorm kraftvollen, emotionalen Stimme außerhalb der USA geboren ist. Der 36-jährige Schwede hat sich als Songwriter bereits einen Namen gemacht. Auf seinem zweiten Album lässt er sich von einer Band begleiten. Die entsprechend dem Gewohnten arrangierte Musik bewegt sich zwischen Southern Rock und Country. Wer so was mag, wird sich rasch zu Hause fühlen.
Almut Kückelhaus
Lisa Knapp & Gerry Diver Hinterland (Download)
Das Ehepaar aus England arbeitet seit Jahren zusammen, jetzt erstmals als gleichberechtigtes Duo. Oft basteln sie elektronische Soundlandschaften, dann wiederum wird fast konventionell, zum Beispiel mit Fiddle, Dulcimer oder Akkordeon musiziert, mal traditionell, mal selbst geschrieben. Knapps Gesang schwelgt zwischen elegisch und exaltiert. Spannende Musik abseits ausgetretener Folkpfade.
Mike Kamp
Kankou Kouyate N’Darila (One World)
Mit ihrem ersten Soloalbum kehrt Kankou Kouyate zu ihren Wurzeln zurück. Die Band aus Familienmitgliedern und Gästen mit unterschiedlichen Ngonis, Kora, Keyboard, Trompete und Percussioninstrumenten unterstützt die Sängerin mit einem frischen Klang und authentischen Rhythmen. Die Texte folgen der Mandingtradition und interpretieren philosophisch Kouyates soziales Umfeld und die Gesellschaft.
Christoph Schumacher
Chris Kramer & Paddy Boy Zimmermann Tales Of Tampa (Timezone Records)
Eine wunderbare Ehrung für den Bluesmusiker Tampa Red. Die Mundharmonika von Chris Kramer und die akustische (Slide-)Gitarre von Paddy Boy Zimmermann spielen perfekt zusammen, toller ein- oder zweistimmiger Gesang kommt dazu. Tampa Reds musikalische Transformation vom ländlichen Mississippi zum urbanen Chicago-Stil wird hier geradezu körperlich erlebbar – ganz große Vorstellung!
Achim Hennes
The Lagan Band Plight O’ Sheep (Eigenverlag)
Die Jungs lassen sich Zeit. Zehn Jahre sind seit dem Debüt des Trios vergangen, doch die beiden Multiinstrumentalisten um den Sänger und Namensgeber mit der soulvollen Stimme leben wohl eher die Gelassenheit der Hebriden. Aber die Songs sind voller Kraft und Harmonien, Rock, Reggae, Balkan oder auch mal ruhig, sodass man rufen möchte: „Mehr davon – und zwar baldigst!“
Mike Kamp
Larkin Poe Bloom (Tricki Woo Records)
Die beiden Schwestern Rebecca und Megan Lovell haben wieder ein dynamisches, herrlich oldschooliges und durch und durch vom Bluesrock getränktes Album vorgelegt. „Bluephoria“, „If God Is A Woman“ oder „Little Bit“ machen Spaß, sind bisweilen angemessen düster, strahlen dennoch krachende Lebensfreude aus. Stark!
Wolfgang Weitzdörfer
Richie Lawrence Moving At The Speed Of Trees (Big Book Records)
Musiker und Songwriter aus dem Umfeld von I See Hawks In L. A. und Ray Bonneville prägen dieses Album, und etwas mehr von deren Energie hätte nicht geschadet. Teils überlässt der Pianist und Akkordeonist aus Oklahoma nach unzähligen Bandprojekten auf seinem vierten Solowerk den Gesang seiner Ehefrau, womit er gut beraten war.
Martin Wimmer
Sylvie Lewis Lives Wisely (Clover Music Group)
Zehn Jahre nach ihrem letzten Album Night Flowers legt die britische Singer/Songwriterin ein Album mit zehn sehr persönlichen Songs und einem John-Prine-Cover vor, in denen sie Themen wie ihre Mutterschaft, den Verlust eines engen Freundes und die Jahre der Pandemie verarbeitet. Die Arrangements lassen jazzige Einflüsse spürbar werden, aber auch Country- und Folkfärbungen – Americana im positiven Sinne. Großartige Stimme.
Ulrich Joosten
Liza Lo Familiar (Gearbox Records)
Die niederländische Wahl-Londonerin möchte offenbar nichts dem Zufall überlassen. Ihr Debüt ließ sie von Jon Kelly (Paul McCartney, Kate Bush) in Damon Albarns Studio produzieren. So klingt die dort versammelte Band (Gitarren, Klavier, Synthesizer) mit einem leichten Siebziger-Indiesound tadellos, meditativ und harmonisch – hätte aber doch ein paar Kanten vertragen können.
Imke Staats
Long Tall Jefferson Old Sun, New Horizon (Mouthwatering Records)
Es ist ein sehr basisches Bluesalbum, das der Schweizer Songwriter da aufgenommen hat. Es geht sehr reduziert darauf zu, Songs wie „Feel Like Myself“ oder der „Birthday Song“ sind nicht dazu geeignet, Partys zu feiern, aber sie sorgen dafür, dass man einmal innehält und ruhig werden kann.
Wolfgang Weitzdörfer
Luah Equilíbrio (GLM Fine Music)
Die Sängerinnen und Instrumentalistinnen des Kölner Trios frönen auch auf ihrem dritten Album einer luftig instrumentierten, vor allem brasilianisch inspirierten Vokalkultur. Die elf portugiesisch- und englischsprachigen Songs sind recht vielgestaltig, gehen allesamt leichtfüßig gen Pop, Folk oder Jazz. Mitunter meint man, einem Klassiker zu lauschen, dabei handelt es sich um lauter Eigenkompositionen.
Katrin Wilke
Claire Luzi & Cristiano Nascimento C’Est L’Heure Du Boeuf (La Roda)
Brasilianische Musik mit französischem Flair bietet das Album der französischen Sängerin und Bandolimspielerin Claire Luizi. Es bezieht sich auf den südfranzösischen Komponisten Darius Milhaud, der in den 1920er-Jahren durch einen Brasilienaufenthalt von der dortigen Folklore beeinflusst wurde. Für Percussion, Gitarre und mehr sorgt Kollege Cristiano Nascimento.
Hans-Jürgen Lenhart
Delphine Maillard Quand Les Bombes Troublent Les Rêves (Timezone)
Das dritte Album der gebürtigen Französin feiert erneut ihr großes Talent für poetische Texte. Aufgenommen in ihrer Wahlheimat Berlin thematisieren die zwölf ansprechenden Songs zwischen Chanson, Jazz und Pop vor allem den menschengemachten Klimawandel und den Krieg in der Ukraine. Besonders die Stücke „Mon Arbre“ über Abholzung und „L’Enfant Pleure“, in dem ein Kind mit seinen Tränen die Erde bewässert, gehen unter die Haut. Dennoch verströmt die Sängerin Hoffnung, wenn sie in „Les Yeux Océan“ in die ozeanfarbenen Augen ihrer Tochter blickt.
Erik Prochnow
Katie Melua Live At The Royal Albert Hall 16 May 2023 (BMG)
Das volle Paket mit Miezekatzenmusik gibt es von der Britin mit georgischen Wurzeln, der wunderbaren Katie Melua. Bei ihrem Konzert in London zeigt sie sich gewohnt charmant und bietet auf zwei CDs mit 21 Songs einen guten Überblick über ihr Schaffen – natürlich auch mit „Nine Million Bycicles“ und „The Closest Thing To Crazy“. Sehr heimelig, das Ganze.
Wolfgang Weitzdörfer
Martin Müller Tempo Brasileiro (Galileo MC)
25 Jahre brasilianische Musik und dazu noch meist aus eigener, deutscher Feder. Martin Müller, der Mann an den Nylongitarrensaiten, hat sein Leben der Musik des kulturellen Schmelztiegels Brasilien gewidmet. Neu gemastert und gemischt, legt er hier einen wunderbaren Querschnitt seines kreativen Schaffens vor. Eine schöne Gelegenheit, den Gitarristen in vielfältigen Besetzungen kennenzulernen.
Rolf Beydemüller
Cristiano Nascimento & Wim Welker Portraits (La Roda)
Das Duo aus der französischen Choroszene widmet sich mit brasilianischen Gitarren und E-Gitarre improvisatorisch dem brasilianischem Choro und bekannten Komponisten. Durch die eher sanfte und jazzige Spielweise weniger quirlig als man von einem Choroalbum erwarten könnte.
Hans-Jürgen Lenhart
Stoimenka Nedyalkova et al. The Spirit Of Bulgarian Traditions (Alia Vox)
Zwanzig Stücke mit einer Gesamtlauflänge von über 76 Minuten: Volumenmäßig bekommt man auf dieser Einspielung viel geboten. Aber auch der Inhalt überzeugt. Das Quintett liefert einen guten Überblick über die traditionelle Musik diverser Regionen und Bevölkerungsgruppen Bulgariens – von den Rhodopen bis nach Warna, von den Walachen bis zu den Gaugasen.
Ines Körver
Kent Nielsen Too Many Train Rides (Viking Wreckchords)
Nielsen ist Däne, lebt aber in Lübeck. Trotzdem klingt sein Album uramerikanisch. Neben eigenen Kompositionen finden sich hier Cover von J. T. Earle, den Mekons und Shelby Lynne, was recht genau die Qualität dieses Albums umschreibt. Es wirkt wie aus einem Guss.
Michael Freerix
Candice Night Sea Glass (Ear Music)
Wie viel Einfluss Candice Night wohl auf den Abschied ihres Gatten Ritchie Blackmore vom Hardrock gehabt haben mochte, wird für immer deren Geheimnis bleiben. Wenn man das neue Album der Sängerin anhört, wird klar, dass sie aus einer ganz anderen Ecke kommt. Sphärische, ruhige Klänge, akustische Popmusik – inklusive Gastbeitrag Blackmores an der Gitarre auf „The Last Goodbye“.
Wolfgang Weitzdörfer
Synje Norland Wunderland – Synje Norland singt Theodor Storm (Nordland Music)
Aus dem hohen Norden kommend, hat sich Nordland Gedichte von Theodor Storm vorgenommen, der selbst in Husum, der grauen Stadt am Meer, geboren wurde. In atmosphärisch dichter Weise interpretiert sie die vertonten Gedichte. Sie erweitert die Texte, indem sie eigene Worte und Zeilen einflicht, um sie sich auf diese Weise zu eigen zu machen.
Rainer Katlewski
Vanessa Novak Emotional Hangovers And A Hijacked Soul (Sisterhood Records)
Klingt wie eine Zeitreise in die frühen Sechziger zu Dylans Durchbruch beim Newport Festival. Das gelingt der Musikerin aus Detroit und Darmstadt in vierzehn Stücken mit einer Instrumentierung aus warmer akustischer Gitarre, Geige und Mundharmonika überzeugend. Initiiert wurde sie jedoch durch Dolly Parton.
Imke Staats
Oluma Cooking Time (One World)
Die neunköpfige Band aus Leipzig präsentiert auf ihrem Debüt einen Mix aus Afrobeat, Funk, Jazz und brasilianischer Musik. Zum Teil holprig synkopierte, aber tanzbare Grooves werden mit energievollen Bläsersätzen kombiniert, die in virtuose Improvisationen münden. Die zwölf Instrumentalstücke entstanden in gemeinsamen Kompositionssessions. Alte Analogtechnik sorgte für nostalgischen Sound.
Christoph Schumacher
Tobias Panwitz Erinnerungen machen (Requa Records)
Dieses Album klingt nach Weite, Freiheit und Aufbruch. Eingängige Americana-Balladen, komponiert mit Gitarre, Klavier und Mundharmonika, die einen mit auf Wanderschaft nehmen. Musikalisch schleichen sich manchmal Erinnerungen an Bruce Springsteen ein. Doch der Berliner, der seit 2004 unter dem Künstlernamen Trailhead mehrere Alben veröffentlichte, geht seinen eigenen Weg. Zum ersten Mal hat er nun unter seinem bürgerlichen Namen ein gesamtes Werk auf Deutsch. Coole Musik mit großer Leichtigkeit gesungen. Ein Typ, den mal gerne mal unterwegs treffen würde.
Erik Prochnow
Maija Pokela Lohdun Sanoja (Eigenverlag)
„Tröstende Worte“ nennt die 35-jährige finnische Kantelespielerin und Sängerin ihr erstes Solowerk, nachdem sie mit ihren Gruppen Kardemimmit, Enkel und Folk’Avant ausgiebig getourt ist. Menschen mit Finnisch-Kenntnissen erschließen sich die Texte beim Hören, für alle anderen sind sie im Booklet auf Englisch abgedruckt. Neun wundervolle Stücke vermitteln Emotionen zwischen Sehnsucht, Aufbruch und Trost.
Imke Staats
Revelling Crooks In The Year Of The Sheep (Eigenverlag)
Speedfolk aus der schwäbischen Metropole Augsburg. Das klingt nun nicht gerade sehr naheliegend, wird von den Revelling Crooks aber schon seit dreißig Jahren mit schneller und lebensfroher Tanzmusik mit Hingabe zelebriert. Das Jahr des Schafes bietet siebzehn Songs, die einfach nur Spaß machen. Ideal für Grillpartys im Sommer.
Wolfgang Weitzdörfer
Sacred Vagabonds All That Matters (Eigenverlag)
America und Christopher Cross sind die erklärten Referenzpunkte dieses Trios, in dem Brian Gentry, Ken Marvin und Kim Parent ihren perfekten mehrstimmigen Gesang zur Geltung bringen. Kurze Sechs-Song-EP, die bei Nostalgikern Genres wie Softrock, AOR oder Yacht Rock in Erinnerung ruft.
Martin Wimmer
Amparo Sánchez Tucson-Habana – 15 Aniversario (Mamita Records/Galileo MC)
Gehen der einstigen Mestizo-Frontfrau die Ideen aus? Nach wie vor charismatisch, sich in letzter Zeit etwas wiederholend, gibt die Andalusierin das von den Calexico-Chefs 2010 produzierte Album als remastertes, erweitertes Doppel neu heraus. Unter den sechs erstveröffentlichten Tracks sind Duette mit Tiken Jah Fakoli und der 2015 verstorbenen Mariem Hassan. Was für sammelfreudige alte wie neue Fans.
Katrin Wilke
Shiregreen Lighthouse (The Orchard)
Singer/Songwriter Klaus Adamaschek legt mit seiner Band Shiregreen das sechzehnte Album vor, auf dem neun neue Songs enthalten sind, die sich im Spannungsfeld zwischen Folk, Einflüssen von schottischen Mooren und Country bewegen. Besonderes Highlight: das zehnminütige „The Lighthouse“ mit seinen vier Teilen. Ein Album für ruhige Stunden.
Wolfgang Weitzdörfer
Slowman The Invisible Son (Slow Records)
Rock und Bluesrock eines Trios an Bass, Schlagzeug und Gitarre/Gesang. Musikalisch wie handwerklich klingt das alles sehr solide und ist auch durchweg virtuos gespielt. Und so wartet man gebannt auf den Kick, das Besondere, etwas Tiefes oder die eine, unerwartete Wendung. Kommt aber leider nicht, und so bleibt das Album zwar gut hör- aber leider auch austauschbar.
Achim Hennes
Christof Stählin Wie das Leben schmeckt + Feuer, Wasser, Luft und Erde – Ein Beitrag zur Welt (Nomen + Omen)
Christof Stählin (1942-2015) bildete unter den Liedermachern seinerzeit ein eigenes Universum – unbekannter als viele andere, geachtet wie kaum ein anderer, bis heute. Seine besondere Art der Liedermacherei, seine Präzision, seine dichterische Sorgfalt, die er später jungen (heute bekannten) Musikschaffenden in der SAGO-Liederschule näherbrachte. Seine Schüler und Schülerinnen pflegen engagiert sein Erbe und haben diese beiden editorisch überarbeiteten CDs ehemaliger LPs von ihm herausgebracht.
Rainer Katlewski
Jim Stanard Magical (Manatee Records)
Auf seinem dritten Album gelingt es dem ehemaligen Topmanager wieder, exzellente Musizierende und Studiotechnik um sich zu gruppieren. Seine Lieder zeigen auch clever politisches Bewusstsein: „You turned red, that made me blue, you claimed the right, so I left you.“ Aber der Gesang bleibt einfach weit unterdurchschnittlich.
Martin Wimmer
Stelzner & Gál Das sogenannte Böse (Verlag Die Vita-Mine)
Ein ganzes Album dem Bösen in seinen vielen Inkarnationen zu widmen, zeugt von einer gewissen Weltsicht. Das sogenannte Böse, von Thorsten Stelzner und Géza Gál erdacht, ist ein interessantes Werk geworden, das von den Texten und der folkrockigen Musik lebt. Songs über „Profikiller“, den „Equalizer“ oder „Hammer, Säge, Spaten“ machen Spaß, trotz der schrägen Thematik.
Wolfgang Weitzdörfer
Stranded Horse The Warmth You Deserve (Talitres)
Hinter dem „gestrandeten Pferd“ verbirgt sich der französische Gitarrist und Sänger Yann Tambour. Auf seinem neuen Album verweben sich die Arpeggios der klassischen Gitarre mit denen des Korameisters Boubacar Cissokho zu zeitlosen Klängen. Die neun Stücke strahlen – auch durch die sanfte, warme Stimme von Tambour – eine meditative Ruhe aus und lassen die filigranen Arrangements in den Vordergrund treten.
Christoph Schumacher
Thee Holy Brothers High In My Balloon (Regional Records)
Drei Alben sollen es werden, dies ist das zweite: Die „Brüder“ Marvin Etzioni und Willie Aron erzählen aus dem Leben der fiktiven Person Sparkle. Und weil Grammy-Preisträger Etzioni jüngst eine Krebserkrankung überstanden hat, fließen viele seiner Erfahrungen in Sparkles Erleben. Die Songs atmen Rock und Folk, veredelt durch feinen Harmoniegesang. Und mit „I Am Time“ gibt es auch einen Ohrwurm.
Volker Dick
Thomas & The Angry Hearts Same (Southbound Records)
Norwegische Newcomer um Bandleader Thomas Warhuus Aadland, der sich mit heiserer Stimme den Gesang mit seiner Ehefrau teilt. Von Irish Folk und Country inspirierte hymnische Rocktracks. Eingebettet in schimmernde Gitarren, gipfelnd in Mitsingchören. Auf Tonträger schon sehr gut, live sicher ein Erlebnis.
Martin Wimmer
Chris Thompson Beatnik Blues (Apra/Amcos)
Chris Thompson (1951-2024) stammte aus Neuseeland. Zur hohen Zeit des Folkrevivals zog der Singer/Songwriter nach England und spielte dort mit namhaften Gitarrengrößen zusammen. Deren Einflüsse hört man seinen vom Blues geprägten Songs an. Zurück in seiner Heimat nahm Thompson kurz vor seinem Tod dieses letzte Album mit zehn eigenen Titeln auf. Ein Zeitdokument, das bestens seine Stärken zeigt.
Almut Kückelhaus
Tip Jar Road Of No Return (Shine A Light Records)
Zur Hälfte ist das siebte Album der niederländischen Band in Eindhoven aufgenommen worden, die weiteren Songs kamen im texanischen Austin aufs Band. Entsprechend authentische Americana-Stile bringen die Musiker rund um Songschreiber Bart de Win und Sängerin Arianne Knegt zu Gehör. Die Bandbreite reicht von Country bis zur Folkballade, immer versehen mit dem Gespür für eingängige Melodien – gekonnt!
Volker Dick
Toi et Moi Mon Armoire (GMO – The Label)
Nouvelle Chanson aus Köln. Aber nicht auf Kölsch, sondern auf Französisch. Seit 2009 hat sich das Kölner Duo in der deutschen Musikszene etabliert. Und auch auf ihrem sechsten Album groovt und swingt es vom ersten Ton an. Der deutsch-französische Musiker Raphaël Hansen und seine Partnerin Julia Klomfaß präsentieren elf mitreißende Songs über Liebe, Verlust, Freiheit und Reflexionen im Alltag. Wie es sich gehört, haben sie als Einheimische sogar eine energiegeladene Hommage über ihre Hassliebe zur Domstadt komponiert. Ein tolles Album.
Erik Prochnow
Serge Tonnar Dai Dai Dai! – Eleng am Stued (Eigenverlag)
Luxemburgs bekanntester Liedermacher gibt solo live einen Querschnitt seines Schaffens von alten Klassikern – inklusive gekonnter Lindenberg-Imitation – bis zu noch unveröffentlichtem Material. Die meist in Moll gehaltenen und komplett auf Luxemburgisch gesungenen Lieder spiegeln sowohl Zwischenmenschliches als auch Themen von gesellschaftlicher Relevanz, vor allem mit Blick für die, deren Belange gern übersehen werden. Guter, repräsentativer Einblick in sein Werk.
Stefan Backes
Trio Da Kali Bagola (One World)
„Da Kali“ heißt übersetzt „Pfand, Bürgschaft“. Auf dem zweiten Album des Trios aus Bamako finden elf Titel ihren Ausgangspunkt im reichen Erbe der malischen Musik. Zum authentischen Klang tragen sowohl der Balafonvituose Lassana Diabaté als auch der Bass-Ngoni-Spieler Madou Kouyate bei. Mit ausdrucksstarker Stimme interpretiert Hawa Kasse Mady Diabaté die Lieder über Lebenswirklichkeiten in Mali.
Christoph Schumacher
Caro Trischler When You Know, You Know (Klangraum Records)
Im besten Sinne unaufgeregt kommt das neue Album der Mainzerin daher. Jazzig, viele lateinamerikanische Einflüsse, dazu ein bisschen Americana – und das Ganze wirkt so warm und weich, wie eine sommerliche Umarmung. Es gibt sowohl eigene Songs zu hören als auch Cover – etwa von Harry Nilsson oder Tom Jobim.
Wolfgang Weitzdörfer
Unter anderem Max Die Welt im Vorbeiziehen (Timezone Records)
Der Journalist Max Florian Kühlem aus Bochum, Spiritus Rector hinter dem Projekt Unter anderem Max, hat aus Erinnerungen, reflektierenden Spotlights auf Situationen, grundsätzlichen Betrachtungen und Texten anderer Autoren (z. B. Eichendorff, Goethe, Härtling) ein interessantes Album geformt – besinnlich, musikalisch vielfältig und differenziert.
Rainer Katlewski
Vimma Ei Noi Muut (Nordic Notes)
Die „finnischen Extinction Rebbellion“ haben sich auf diesem Album noch gesteigert: Kraftvoll und dynamisch rufen sie zum Handeln auf, wo sie früher den Zustand der globalen Umweltzerstörung in ihren Texten reflektierten. Mit aller Kraft der siebenköpfigen Band reißen sie schon durch ihren Sound aus traditionellen Folkinstrumenten, Eva Rajakangas Gesang auf Finnisch und Elektronik-Poprock mit. All das ruft: „Ei Noi Muut“ – „Nicht die anderen, sondern Du!“
Imke Staats
Wanderer Songs Ao Vivo No Teatro Faialense (Mais 5)
Portugals Liedermacherikone José Afonso sang für die Leute und bezog seine Inspiration von ihnen. Um sie und ihre Umstände kennenzulernen, wanderte er durch ganz Portugal. Die Formation Wanderer Songs, bestehend aus Musikschaffenden unterschiedlicher Musiksparten, widmet sich den Liedern Afonsos und interpretiert sie in einem meist rockigen Gewand.
Martin Steiner
Rupert Wates Father Of The Man (Bite Music)
Wates ist ein echter Fingerpicking-Folkie im Geist der Sechziger. Bert Jansch und Davey Graham klingen auf diesem Album durch, das trotzdem überaus frisch wirkt und vom Klang der Lowden-Gitarren geprägt ist.
Michael Freerix
Kaito Winse Reele Bumbou (Rebel Up & Zephyrous)
Einem Brüsseler Label ist es zu verdanken, dass der Griotmusiker Kaito Winse aus Burkina Faso uns auf seinem Debüt in die Klänge seiner Heimat mitnimmt. Seine kraftvolle Stimme transportiert Botschaften, die das uralte Wissen seiner Vorfahren in sich tragen. Dazu begleitet sich Winse auf mehreren Instrumenten wie Traversflöte, Kalebasse, Mundbogen und Tama, einer “sprechenden” Trommel.
Christoph Schumacher
Christian Wustrau Ozeanblau (Eigenverlag)
Der aus dem Saarland stammende Liedermacher und Autor, der heute in Marburg lebt, hat auf seinem Debüt seine sehr lyrischen, manchmal geheimnisvollen, bildhaften Texte zu Liedern vertont. Musikpoesie nennt er diese Gattung, die vom „Wachsen und Werden“ erzählt und mit Gitarre, Klavier, Cello, Akkordeon und E-Gitarre musikalisch umgesetzt wird.
Rainer Katlewski
Barbora Xu The Garden Of Otava (Nordic Notes)
Die tschechische Sängerin entführt auf zauberhafte Weise in die Klänge der Natur. Ihre zehn gefühlvollen Kompositionen entstanden auf der finnischen Insel Otava, wo die studierte Sinologin sieben Jahre in einem Blockhaus lebte. Dort erschuf sie mit der chinesischen Guzheng, der finnischen Kantele und der Harfe einen musikalischen Ort der Meditation, der einen vom ersten Ton gefangen nimmt. Ihre poetischen Texte sowie berührenden Gesangsharmonien unterstreichen zudem das Gefühl, als ob man durch Wälder, über Wiesen und durch einen wunderschönen Garten wandelt.
Erik Prochnow































































































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