Christy Moore wird achtzig? Schwer vorstellbar, einerseits, denn wenn jemand ewig und unveränderlich, zuverlässig und doch aufs Neue überraschend wirkt, dann wohl er. Andererseits, er war ja eigentlich immer schon da. Vor sehr langer Zeit, so um 1970, ehe das irische Revival so richtig in Fahrt gekommen war und vor allem aus England Kunde herüberdrang von fantastischen irischen Musikschaffenden, die in den dortigen Kneipen auftraten, war er schon ein ganz heißer Name, den hierzulande viele kannten, ehe sie auch nur ein Lied von ihm gehört hatten. Dann kam das Album Prosperous (1972), und zu den Mitwirkenden gehörten unter anderem Andy Irvine, Dónal Lunny und Liam Óg O’Flynn – mit denen er im selben Jahr das epochale Album Planxty veröffentlichte.
Christy Moore und Planxty, trotz mehrfacher Trennungen untrennbar verbunden, dazu seine Zeit bei den legendären Moving Hearts. Sein irischer Wikipedia-Eintrag nennt noch ein kurzes Gastspiel bei der Bothy Band, 1975 – aber vor allem kennen wir Christy Moore als grandiosen Solosänger und Erzähler. Die frühen Alben, vom längst vergriffenen Erstling Paddy On The Road (1969) an, enthalten vor allem traditionelle Balladen und Lieder aus der irischen Geschichte („The Ballad Of James Larkin“ oder „James Connolly“), dann Lieder von Sangeskollegen wie Dominic Behan, schließlich immer mehr eigene Werke. Er brachte als Erster die Lieder des in Long Kesh einsitzenden und dann 1981 im Hungerstreik verstorbenen Bobby Sands zu Gehör und veröffentlichte 1980 ein Album zur Unterstützung der Hungerstreikenden, sein Lied „Lisdoonvarna“ wurde 2010 in das illustre Penguin Book of Irish Verse aufgenommen – und so ließe sich ewig weitererzählen von seinem riesigen Repertoire und seinen zahllosen Aktivitäten.
Christopher Andrew Moore – oder, viel schöner, auf Irisch: Críostóir Aindriú Ó Móra – wurde am 7. Mai 1945 in Newbridge in der Grafschaft Kildare geboren, gar nicht weit von Prosperous, wo das bahnbrechende Album entstand. Er kam aus einer ungeheuer musikalischen Familie – nennen wir nur seine musikalisch aktiven Geschwister Anne Rynne und Luka Bloom oder den Neffen Davóg Rynne –, aber weil in seinen jungen Jahren in Irland mit Musik ein Lebensunterhalt nicht gut zu bestreiten war, machte er eine Banklehre. 1966, als die irischen Banken wochenlang streikten, ging er nach England und blieb in den Folkclubs hängen, kehrte einige Jahre darauf nach Irland (aber nicht in die Bank) zurück, der Rest ist Geschichte.
Moores persönlicher Rekord sind 79 Konzerte an ebenso vielen Abenden, aber in den letzten Jahren ist sein Leben doch sehr viel ruhiger geworden, er hat mit dem Alkohol Schluss gemacht, muss nach massiven Herzproblemen auf seine Gesundheit achten und widmet sich mit großer Begeisterung seinen Enkelkindern. Doch musikalische Pläne hat er weiterhin, und sowieso ist mit dem Achtzigsten gar nichts vorbei: Gerade ist mit A Terrible Beauty ein viel beachtetes neues Album erschienen (siehe Rezension in folker #1.25), und das Taisce Cheol Dúchais Éireann/Irish Traditional Music Archive (ITMA) in Dublin plant für 2026 eine große Christy-Moore-Ausstellung. Christy Moore hat dem ITMA eine große Sammlung aus seinem persönlichen Archiv vermacht, unter anderem handgeschriebene Liederbücher, Konzertprogramme, Fotos, Poster, unveröffentlichte Aufnahmen, Briefe, Rezensionen. Zudem hat er für das ITMA einen Großteil seines Repertoires neu aufgenommen und zu jedem Lied ausführliche Erklärungen und Anekdoten beigesteuert.
Die Feiern zum Achtzigsten sind also nur der Anfang, aber die gesamte folker-Belegschaft gratuliert schon heute gewaltig.
Gabriele Haefs
Wie schön zu hören, dass Christy Moore noch unter uns weilt. Als Gitarrist und leidenschaftlicher Sänger habe ich vor allem in den 90er Jahren seine Lieder gehört und gespielt. Am Sonntag, den 30. Januar 1994 hatte ich das Vergnügen ihn bei einem Live Konzert in der Düsseldorfer Tonhalle zu sehen. Die Eintrittskarte klebt noch in meinem selbst gebastelten Liederbuch. Damals noch ein junger Mann von 33 Jahren, war ich total fasziniert wie Christy Moore als Solist die Spannung hochhalten und das Publikum so begeistern konnte. Er hat eine unglaubliche Ausstrahlung
Für mich unvergesslich sein Song, „Back home in Derry“, den ich noch heute in meinem Repertoire habe.
Danke für euren Bericht.
Gruß Justus B. aus Wuppertal