Fangesänge füllen ganze Liederbücher. Eine „neue alte“ Fanhymne hat Langzeit-folker-Mitarbeiter Kay Reinhardt getextet, sie heißt „Wir sind die BSG Chemie“, besingt den Leipzig-Leutzscher Traditionsverein und klingt wie der irische Folkstandard „Fields Of Athenry“.
Ende 2023 gab Kay – seit 2006 „Barde von Neuschwanstein“ – im Selbsttorverlag das Buch zur Fanhymne heraus, Titel: Elf Fußballriesen aus Beton und die phantastische Ballnacht. Er nennt es sein Achtzehn-Monats-Kind, denn so lange brauchte er, um 50 Seiten mit Texten sowie 40 eigenen Zeichnungen und Bildern zu füllen. Layout und Lektorat „leistete sich“ der Folkländer, Rudolstadt-Chefgrafiker und folker-Karikaturist Jürgen B. Wolff. Diese Melange bürgt für eine fantasievolle Story, Sprachwitz und verblüffende Links.
Die Fans der BSG Chemie Leipzig gelten seit über siebzig Jahren zurecht als besonders kreativ und stimmgewaltig, wenn es um Variantenbildung von Hits aus den Bereichen Schlager, Folk, Rock, Klassik und so weiter geht. Sie zweitverwerten alles, was irgendwie geeignet erscheint, ihre Lieblingsmannschaft zu pushen. Von Herbert Roths „Rennsteiglied“ über „Auld Lang Syne“ und „We Will Rock You“ bis zum Triumphmarsch aus Verdis Oper Aida.
Musikanten und Fans im ausverkauften Alfred-Kunze-Sportpark in Leipzigs Westvorstadt mit einem Liveauftritt einer Folkband ein Hühnerfell zu bereiten, ist Kays Herzenswunsch. Er meint, das müsste zum Ohrwurm von Pete St. John gelingen und verweist auf die Fans der irischen Fußballnationalmannschaft, die damit in aller Welt für „Good Vibrations“ sorgen. Sogar eine legendäre Folkband stünde – wenngleich ohne Fußballschuhe – zum Aufspielen im Stadion oder anderswo bereit. Der Verein bräuchte nur bei den Folkländern nachfragen – siehe das Ende dieses Beitrags.
Elf Fußballriesen – das sind ursprünglich elf monumentale Holzskulpturen, die der Bildhauer Günter Schumann 1974 im Auftrag des Rates des Bezirks Leipzig schnitzte. Damit gleichzeitig seiner Lieblingsmannschaft ein Denkmal zu setzen und den Sport- wie Parteifunktionären eins auszuwischen, dürfte den Kunstpunk zusätzlich beflügelt haben. Von der zweieinhalb Meter hohen und über sechs Meter breiten Teamskulptur hat ihr Schöpfer achtzehn Jahre später zwei Betonabgüsse gemacht. Einer steht vor dem Buchheim Museum der Phantasie in Bernried am Starnberger See, der andere neben der Tribüne der Leipziger Kiezkicker.
Am 10. Mai 2024 feierten alle Chemie-Fans den sechzigsten Jahrestag eines Triumphes, an dem Partei- und Sportfunktionäre der DDR mächtig zu kauen hatten. Ausgerechnet die zuvor von den Sesselsportlern als nicht gut genug aussortierten Leipziger Fußballspieler erkämpften und erspielten als Betriebssportgemeinschaft (BSG) Chemie Leipzig die Oberliga-Meisterschaft der Saison 1963/64. Der sogenannte „Rest von Leipzig“ wurde so zur Leutzscher Legende. Dazu schwenkten zigtausende Fans weiß-grüne Fahnen, die sowohl den Verein als auch das Land Sachsen symbolisierten. Beides unerwünscht bei den Genossen Stalinisten im Dunstkreis des kleinen Diktators Walter Ulbricht.
Wer es subversiv und augenzwinkernd mag, könnte das broschierte Künstlerbuch Elf Fußballriesen (Gesamtauflage: 80 Exemplare) lieben. Neben dem oben Beschriebenen enthält es Infos zur Hymne, die Geschichte um Entstehung und Verbleib der Skulpturen Schumanns sowie ein vergnügliches Science-Fiction-Märchen über das Lebendigwerden zur Geisterstunde der Fußballerfiguren genau hundert Jahre nach ihrem unverhofften Triumph. An ihrem letzten Bestimmungsort am Starnberger See treten sie in einem Freundschaftsspiel gegen eine von Märchenkönig Ludwig II. angeführte Auswahl aus Seebewohnern und Fantasiewesen an. Wer gewinnt, ist im Buch nachzulesen, von dem aktuell noch eine Handvoll signierte und nummerierte Vorzugsausgaben lieferbar sind. Sie enthalten Kays Kaltnadelradierung „Fußballgott im Ruhestand“ und können zum Preis von 32 Euro inklusive Verpackung und Porto beim Autor bestellt werden (reinhardt.kay@web.de).
Fertiggestellt ist zudem eine folkmusikalische Umsetzung oben genannter Fanhyme. Keine Geringeren als die Folkländer um Jürgen B. Wolff haben sich erfolgreich an „Wir sind die BSG Chemie“ zur „Fields-Of-Athenry“-Melodie versucht. Wir geben bekannt, wann und wo das Endergebnis zu hören sein wird.
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