Protagonist des Deutschfolkrevivals

Erich Schmeckenbecher zum Siebzigsten

31. März 2023

Lesezeit: 2 Minute(n)

Eigentlich wollte der Stuttgarter Erich Schmeckenbecher Architekt werden. Hat leider nicht geklappt, oder besser: Hat zum Glück nicht geklappt. Denn stattdessen gründet er 1972 mit Thomas Friz ein legendäres Duo, das seinen Namen Zupfgeigenhansel einem alten Liederbuch entlehnt und sich daranmacht, die deutsche (Folk-)Musikszene aufzumischen und Musikgeschichte zu schreiben.

Die beiden Musiker befreien deutsche Volkslieder von brauner Kruste, interpretieren sie modern, zeitgemäß, frech, frisch und elektrisierend, texten sie notfalls um oder unterlegen sie mit neuen, eigenen Melodien. Thomas Friz singt hinreißend, spielt Gitarre und Flöte, während Erich Schmeckenbecher meist die Harmoniestimme und als Multiinstrumentalist Mandoline, Gitarre, Akkordeon, Xylofon oder Krummhorn beisteuert. Die beiden treffen den Nerv und den Geschmack der Zeit, sind Wegbereiter und Protagonisten der neuen deutschen Folkwelle.

In den knapp fünfzehn Jahren ihres Bestehens veröffentlichen die „Zupfis“ acht Studioalben und einen Livemitschnitt, die insgesamt auf über einer Million Tonträgern verkauft werden, sowie ein damals von der Presse geschmähtes, heute von Sammlern hoch begehrtes Liederbuch mit dem Titel Es wollt ein Bauer früh aufstehn, das über dreihunderttausend Käufer findet.

Als das Duo sich 1986 trennt, blickt es auf eine bemerkenswerte Karriere zurück. Den Volksliedern haben sie in dieser Zeit jiddische Lieder, Thomas-Kramer-Vertonungen und selbst geschriebene Songs hinzugefügt sowie unzählige Auftritte absolviert, in kleinen Clubs, aber auch in großen deutschen Fernsehshows. Ausgedehnte Tourneen führen sie nicht nur in die Konzertsäle Deutschlands, sondern auch in die Niederlande, nach Belgien, Portugal, Finnland und sogar in die damalige DDR, in der bei Eterna eine Kompilations-LP erscheint.

Einige Jahre nach der Trennung gründet Schmeckenbecher die Band Erich und das Polk, veröffentlicht Soloplatten und wirkt als Studiomusiker, Produzent und Arrangeur. Auch Thomas Friz reüssiert solo, aber beide Musiker können auf Solopfaden nicht mehr an die großen Erfolge anknüpfen.

Im vergangenen Jahr haben sich die beiden Stuttgarter Musiker anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Gründung des Duos wieder zusammengefunden und in neunmonatiger Arbeit eine Werkschau mit siebzig Liedern auf drei CDs zusammengestellt (Rezension siehe hier [Link: https://folker.world/rezensionen/gezupft-wie-gesungen-aeusserst-gelungen]). Zu Erich Schmeckenbechers siebzigstem Geburtstag am 31. März 2023 erscheint nun auch das Album A Tribute To Zupfgeigenhansel, auf dem unter anderem NoRMAhl, Mr. Fabulous, Feuerschwanz und andere Lieder aus dem Zupfgeigenhansel-Repertoire neu interpretieren. Zudem soll es eine weitere Box mit den fünf Soloalben Schmeckenbechers geben.

Den Jubilar wird’s freuen, ebenso alte und neue Zupfis-Fans, und vielleicht bringt er sich zusammen mit Thomas Friz zum Wiegenfest selbst ein Ständchen: „Oli oli ola! / Wir sind miteinander da. / Zusammen und gemeinsam, / Nicht einsam und alleinsam. / Oli oli ola! / Miteinander geht es ja. / Wenn wir zusammenkommen, / komm’n wir der Sache nah!“

Der folker gratuliert aufs Herzlichste.

www.erich-schmeckenbecher.de

www.zupfgeigenhansel.wordpress.com

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