Aktuell besteht Albaluna als Sextett. Wer ist außer dir, Ruben, als ursprüngliches Gründungsmitglied noch mit dabei?

Nur Sängerin und Geigerin Raquel Monteiro und Dinis Coelho an den Becher- und Rahmentrommeln. Christian Marr’s am Bass, Carla Costa unter anderem an Schnabelflöte und Dudelsack sowie Tiago Santos am Schlagzeug komplettieren nach einigen Umbesetzungen die heutige Band.

Welche Stile, Künstler, Künstlerinnen und Bands haben dich dazu inspiriert, selbst eine Band zu gründen?

Meine musikalischen Eckpfeiler waren Progressive Rock und Metal auf der einen und traditionelle, ethnische Musik auf der anderen Seite. Mit Albaluna wollte ich diese beiden Bereiche miteinander verbinden. Inspiriert haben mich dabei Gruppen wie Pain of Salvation, Tool, Opeth und Porcupine Tree genauso wie die Weltmusikkünstler Efrén López – mein Freund und Lehrmeister von L’Ham de Foc –, Stelios Petrakis, Driss el Maloumi, Erdal Erzincan und viele andere mehr.

Gibt es eine Art musikalische Vision, die dich mit den anderen Bandmitgliedern verbindet?

Es ist, wie schon angesprochen, die Verbindung zwischen Progressive Rock, Metal und traditioneller Musik aus der ganzen Welt. Diese Idee verfolgen wir mit einem Konzept und wollen uns beständig weiterentwickeln und verbessern. Wir haben damit einen eigenen Stil gefunden, der es uns erlaubt, Neues zu erschaffen. Wir nennen es „Ethnic Prog“. Was uns nach wie vor gemeinsam inspiriert und antreibt, sind die weltweiten Reisen, auf denen wir die unterschiedlichsten Menschen und Kulturen kennenlernen dürfen.

Lässt sich an dieser Art von Fusionsound auch eine länder- und kulturenübergreifende menschliche Entwicklung ablesen?

Ja, als studierter Archäologe mit einem tiefen Interesse an Geschichte und weiteren Fachrichtungen, suche ich die Verbindung zwischen Tradition und Moderne. Dieses Konzept geht weit über einfache Unterhaltung, also reines Entertainment hinaus.

Mittlerweile blickt ihr auf eine umfangreiche Diskografie zurück, die 2010 mit der EP D’Antes begann und 2021 mit dem Album Heptad ihren vorläufigen Höhepunkt fand. Haben Studioaufenthalte und Bühnenpräsenz die gleiche Bedeutung für euch?

Es war vor allem Heptad, das uns international neue Türen geöffnet hat und unsere Erwartungen mehr als erfüllte. Für uns sind beide Bereiche, Studio und Bühne, sehr wichtig und untrennbar miteinander verbunden. Zum einen lieben wir es, zu komponieren und aufzunehmen, zum anderen drängt es uns danach, die Ergebnisse vor Publikum zu präsentieren. Erst diese Kombination komplettiert uns als kreative Musikschaffende.

Die Aufnahmen zum neuen Studioalbum Ennead sind bereits abgeschlossen. Kannst du Näheres dazu sagen?

Das Album ist tatsächlich schon fertig, Mastering und Mix sind gemacht. Wir betrachten es als würdigen Nachfolger von Heptad, allerdings geht es in Sachen Songwriting, Aufnahme und Produktion noch einen Schritt weiter, ist insgesamt mutiger geworden. Der während der Coronapandemie entstandene Vorgänger war mehr selbstbeobachtend. Im Gegensatz dazu sind die neuen Titel aufgeschlossener, offener und kontaktfreudiger. Stilistisch bleiben wir uns treu, das bestimmende Instrument auf dem Album ist dabei die Drehleier.

Kommen wir auf die Texte von Albaluna zu sprechen. Geht es dabei um reine Unterhaltung, eine Art Infotainment oder sogar um klare gesellschaftliche und politische Botschaften?

Diese Antworten gibt dir am besten unser Bassist Christian, der seit dem Album Amor, Ira & Desgosto von 2019 für die Lyrics der Band verantwortlich ist.

Christian Marr’s: Die Ideen zu meinen Texten entstehen aus den Gesprächen und Diskussionen innerhalb der Band, bei denen sich jeder mit unterschiedlichsten Themen einbringt. Weiterhin habe ich als Historiker mit Abschluss auch frühere, weltweite Entwicklungen im Blick sowie ihre Auswirkungen auf Gegenwart und Zukunft. Dabei inspirieren mich auch Gedichte aus den unterschiedlichsten Kulturen – so eine Art „World Poetry“ –, die bestens mit der portugiesischen Sprache harmonieren. Mehr denn je sind Albaluna 2024 eine kritische Band, die in Sachen Gesellschaft und Politik Stellung bezieht. Es geht um Selbstbestimmung, gefährliche Manipulation von außen sowie zwischenmenschlichen Austausch.

Die Frage wieder an Ruben: Habt ihr euch für die Produktion des neuen Albums Gäste eingeladen? Erscheint es wieder auf eurem eigenen Label?

Mit Mauro Ramos, dem Cousin Tiagos, haben wir einen der besten Schlagzeuger Portugals dabei. Dann Ricardo Dikk und Sandrine Orsini von The Bateleurs, den Gitarristen Ricardo Gordo und den Keyboarder Luis Runa. Alles Freunde der Band, die wir als Menschen und Musiker:innen respektieren. Um selbstbestimmt und unabhängig arbeiten zu können, hatten wir 2012 unser eigenes Label West Wave Productions gegründet. Label, Studio, Management und Promotion sind Teilbereiche des Kulturverbands MusicÁlareira.

MTV und VIVA sind Geschichte, als gefragte Videoplattform dient unter anderem Youtube. Sind Videos Pflicht oder Kür und lohnen sich Aufwand und Ertrag für Albaluna?

Wir haben Spaß daran, Videos zu drehen, und wollen uns auch in diesem Metier weiterentwickeln. Da wir unser Budget selbst festlegen, haben wir bisher immer eine gesunde Balance zwischen Aufwand und Nutzen gefunden.

Die Bandgeschichte ist sicher reich an Meilensteilen. Was ist euch besonders in Erinnerung geblieben und gehört die ein oder andere Station in Deutschland auch dazu?

 Unser Auftritt auf dem Rudolstadt-Festival im letzten Jahr bleibt sicher unvergesslich, und so haben wir 2024 die Absicht, nach Deutschland zurückzukehren. Weitere Höhepunkte waren unter anderem eine Tournee durch Nordindien und China oder der Auftritt in der Bibliothek in Alexandria in Ägypten. Für die Zeit nach der Albumveröffentlichung haben wir bereits Shows in Portugal, Finnland, Lettland, Tschechien und der Türkei gebucht, sie werden bald auf unserer Website veröffentlicht.