Der Schrei einer Jugend nach Freiheit

Kulturerbe Raï

22. Juni 2023

Lesezeit: 7 Minute(n)

„Disco Maghreb“ des französischen DJs und Musikproduzenten DJ Snake wurde seit dem letzten Jahr hundertmillionenfach gestreamt und machte gute alte Raï-Sampler wieder populär – 25 Jahre nach dem Konzert „1, 2, 3 Soleils“ des für die Gelegenheit von den Plattenfirmen finanzierten Trios Khaled, Faudel und Rachid Taha im damaligen Palais Omnisports de Paris-Bercy. Das 1998 dazu veröffentlichte Livealbum war der vorläufige Höhepunkt des Musikgenres. Am 1. Dezember 2022 wurde der Raï von der UNESCO in Paris nun zum Immateriellen Kulturerbe erklärt.
Text: Martina Zimmermann

Raï bedeutet im Arabischen „Ansicht, Meinung“, es ist der Schrei einer Jugend nach Freiheit. Die modernen Troubadoure sangen den Musikstil in dunklen Cabarets im algerischen Oran. Die Sänger, die sich „Cheb“ nannten, vokalisierten mit „Ya-Raï“-Rufen – cheb heißt „jung“, und allein dieser Zusatz war eine Provokation, denn bis in die Sechziger wurde Raïmusik von „alten“ Beduinen auf dem Land gesungen, von Sängerinnen und Sängern, die sich „Cheikhates“ oder „Cheikhs“ nannten. Die jungen Chebs und Chebas machten das Genre zum Rock ’n’ Roll der algerischen Jugend. Die Texte drehten sich um das, was in der islamischen Gesellschaft tabu war: Sex, Liebe, Alkohol.

„Die Texte drehten sich um das, was in der islamischen Gesellschaft tabu war: Sex, Liebe, Alkohol.“

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