Erwin Rehling ist ein seltsamer Vogel, ein Kauz, ein Achternbusch-Typ, wie es ihn wohl nur in Bayern gibt. Seit etlichen Jahrzehnten bewegt sich der Schlagwerker (Jahrgang 1954) aus Unterreit bereits auf eigenen Wegen durch urbayerische Gegenden und mentale Landschaften, in die immer wieder die Moderne auf unbarmherzige Weise einbricht. Zuerst war Rehling im Trio Die Interpreten aktiv, danach im Duo Hammerling, dann mit dem Posaunisten Pit Holzapfel unterwegs. Parallel dazu hat er an diversen Theater- und Filmproduktionen mitgewirkt.
Seit etlichen Jahren ist Rehling auch literarisch tätig, verfasst Kurzgeschichten und Schrullen, in denen er das einstige Leben auf dem Dorf beschreibt, nicht sentimental, sondern realistisch, klarsichtig und mit viel Einfühlungsvermögen, lebt er doch selbst bis heute dort. Rehlings Medium ist der oberbayerische Dialekt. Mit ihm lässt er die Zeit seiner Jugend Revue passieren, was einen tieferen Einblick in die Welt auf dem Land und die Gemütslage seiner Bevölkerung ermöglicht. Sein zweites „Klangbuch“ hat Rehling erstmals ganz alleine eingespielt. Es umfasst eine CD, ein dreißig Seiten starkes Begleitbuch, das mit Collagen von Linda Wolfsgruber wunderbar illustriert ist. Rehling trägt nie dick auf, sondern schildert so lapidar wie präzise Geschehnisse von damals: das Füttern der Säue, einen Wirtshausstreit, erste Erfahrungen mit Drogen, Erlebnisse im Jugendhaus oder bei der Fahnenweihe. Es ist die Sicht eines Teenagers, der versucht, sich auf die verwirrenden Ereignisse um ihn herum einen Reim zu machen. Die Geschichten spinnt er mit Marimba, Stein- oder Glockenspiel ins Abstrakt-Träumerische fort. Schon mit dem Vorgängerwerk Neues von früher ist Rehling etwas Außergewöhnliches gelungen, das hier fortgeführt wird: Er hat ein ganz neues Genre geschaffen, eine Art Heimatkunde aus Ton und Text, die so ernsthaft, wie amüsant und unterhaltsam ist.
Christoph Wagner
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