Konzert für Demokratie

Singen und tanzen gegen Ausbeutung und Vetternwirtschaft, Espace Niemeyer, Paris, 14.9.2023

5. Oktober 2023

Lesezeit: 3 Minute(n)

„Auf ihrem (Pseudo-)Weg der Demokratie habe ich meine Freiheit verloren“, singt Nanda aus Gabun, macht in ihrem Song Wortspiele mit „Demo crazy“. „Ich will glauben, dass sich mein Afrika bald ändert.“ In ihrem Land hat nach den letzten Wahlen eine Militärregierung die Macht übernommen. Die Opposition behauptet, die Wahlen seien gefälscht gewesen. „Lasst uns umblättern, einen neuen Anfang machen!“, singt das Publikum aus vollem Munde mit der Künstlerin.
Text und Fotos: Martina Zimmermann

Tournons la Page ist auch der Name der Organisation, die das „Große Konzert für die Demokratie“ veranstaltet. Im Senegal hat Präsident Macky Sall inzwischen verkündet, kein drittes Mal antreten zu wollen. Der populäre Oppositionelle Ousmane Sonko sitzt aber im Gefängnis, wie viele seiner Anhänger, seine Partei wurde verboten. Didier Awadi, ebenfalls aus dem Senegal, ist ein Pionier des westafrikanischen Rap und gilt als eines der wichtigsten Sprachrohre der Jugend des Kontinents. Er ist Mitglied des „Kollektivs panafrikanischer Künstler“. Awadis jüngstes Album trägt den Titel Quand On Refuse On Dit Non: ein Nein zur CFA-Währung aus der Kolonialzeit, ein Nein zur Abhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht und allen Ausbeutenden. Eigentlich hätte das Pariser Konzert schon im September letzten Jahres in Dakar stattfinden sollen. Im Kontext von Demonstrationen und Unruhen nach der Verurteilung Sonkos war es jedoch verboten worden.

Didier Awadi

Das gesamte französischsprachige Afrika wird von einer Welle der Revolte überschwemmt, die Putsche und Staatsstreiche in Burkina Faso, Mali oder Gabun wurden vom Volk bejubelt. Auch die engagierten Sängerinnen und Sänger des Konzerts für Demokratie wollen den Wandel. „Den Kampf um Demokratie gibt es überall, auch in Europa“, gibt Awadi zu bedenken. Dem französischen Präsidenten Macron werde derzeit unterstellt, ein drittes Mandat anzustreben, der Amerikaner Trump will wieder kandidieren … „In Afrika ist die Bevölkerung durchschnittlich 19 Jahre alt, die Präsidenten sind im Schnitt 63. 8 davon sind seit über 20 Jahren an der Macht.“ So prangt es vom Plakat während der Pressekonferenz vor dem Konzert. Die Begrenzung auf zwei Amtszeiten von Menschen an der Regierung ist eine der Hauptforderungen der Beteiligten. Die Kampagne hat 2019 begonnen.

Meiway

Frankreich und die Europäische Union gelten als Imperialmächte. „Sie haben mit unseren Präsidenten verhandelt“, sagt Awadi, „aber wenn das Volk bebt, zittern die Oberen.“ Auch Institutionen wie die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft CEDEAO oder die Afrikanische Union sollten erst mal ihre Texte und Chartas vor Ort anwenden, bevor sie Putsche verurteilen: „Wir wollen eine CEDEAO der Völker!“, fordert das Kollektiv.

Aufsteller von Tournons la Page

Das Pariser Konzert wendet sich auch an die in Frankreich lebende Diaspora. „Ich habe Menschen auf der Flucht gesehen“, singt Don Stash stimmgewaltig zur Gitarre. In seinem Heimatland Togo sind seit Jahrzehnten dieselben am Ruder: zwanzig Jahre der Vater, zwanzig Jahre der Sohn.

Elom 20ce kommt mit einer Performance in den Saal des Niemeyer-Gebäudes, dem Sitz der Kommunistischen Partei Frankreichs, entworfen vom brasilianischen Architekten Oscar Niemeyer in den Sechzigerjahren. Der Rapper aus Togo ist mit einem weißen Tuch bedeckt und dreht sich im Kreis als „Kämpfer gegen das Unsichtbare“, dann gibt er seine Songs mit Jazzelementen und Afrotraditionen zum Besten mit dem Ziel, „Bewusstsein zu schaffen“.

Elf Acts waren angesagt, manche aus der Demokratischen Republik Kongo, aus Niger und Togo bekamen kein Visum.

Alle Beteiligten gemeinsam

Der gemeinsame Kampf geht trotzdem weiter. „Du kamst zu mir und nahmst alles, und ich gelte bei dir als ohne Papiere, illegal“, singt Meiway von der Elfenbeinküste. Der Künstler ist einer der Gründer des Zoblazo, des sogenannten „Tanzes der weißen Mücken“, mit Rhythmen aus dem Süden der Elfenbeinküste. Der Stimmungsmacher tut seine politische Meinung kund und hat 2020 dem ivorischen Präsidenten Alassane Ouattara seine dritte Amtszeit vorgeworfen. Meiway bringt die letzten im Publikum, die sitzen, dazu aufzustehen. Der Abend endet mit Tanz und Gesang, die Menschen schwingen die Fahnen der verschiedenen westafrikanischen Länder. 

https://tournonslapage.org

www.facebook.com/awadimusic

www.elom20ce.com

www.facebook.com/meiwayofficiel

https://nandaslam.hubside.fr

Aufmacherfoto: Nanda

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