Ora – „Nun!“ Nun ist es wieder einmal Zeit, gewisse Dinge anzusprechen. Die Sizilianerin greift dafür auf sizilianische Poeten zurück. Deren Worte spiegeln die Wunden der Gesellschaft, Hoffnungen und Ängste mit Intensität und gleichzeitig einer heilenden Sanftheit. Bereits das erste Stück, „C’è Una Pace“, beinhaltet all diese Gefühlswelten – vom „honigsüßen“ Frieden bis zum drohenden Krieg. Danach singt Hanna Schygulla das Brecht-Eisler-Lied „Von der Freundlichkeit der Welt“, das nahtlos in das Wiegenlied „Avò“ übergeht. In „Alle Fronde Dei Salici“, einem Gedicht des Nobelpreisträgers Salvatore Quasimodo, klagt Etta Scollo über die Gräueltaten der deutschen Besatzer. Die Sizilianerin bringt darin auch ihren Schock über den russischen Angriff auf die Ukraine zum Ausdruck. Eindrücklich auch „Lingua E Dialettu“ von Ignazio Buttitta. „Ein Volk kann man in Ketten legen. Nur die Stimme kann man ihm nicht rauben, auch wenn sie einem den Mund zustopfen. Die haben wir mit der Muttermilch aufgesogen.“ Der Produzent Taketo Gohara bringt dank der Reduktion der Begleitung auf das Wesentliche die Kraft der Stimme Scollos und auch ihre Zerbrechlichkeit voll zur Geltung. Ein eindrückliches Werk.
Martin Steiner
Martin Schröder: Das Revival der traditionellen gälischen Musik Schottlands
d. Bands Runrig u. Capercaillie
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