Der Kanadier ist auf vielen Ebenen herausragend. Er verfügt nicht nur über eine berührende Tenorstimme, er schreibt vor allem einfühlsame Popfolksongs über kulturelle Versöhnung und Toleranz in der Sprache der Wolastoqey. Dutcher ist Mitglied des Stammes der Tobique First Nation. Wurde sein Albumdebüt vor fünf Jahren bereits in hohen Tönen gelobt, so übertrifft der Nachfolger noch einmal alle Erwartungen. Diesmal präsentiert der in Montreal lebende Musiker die Geschichten seines Volkes erstmals auch in einigen englischen Texten. „Take My Hand“ zum Beispiel ist eine Hymne an die Heilung der Beziehung zwischen Indigenen und kanadischen Siedlern. In „Pomawsuwinuwok Wonakiyawolotuwok“, das sich mit „Das Volk erhebt sich“ übersetzen lässt, betont der klassisch ausgebildete Sänger in einem Mix aus beiden Sprachen, dass ein neues Miteinander Zeit benötigt. Der 32-jährige Aktivist unterstreicht nicht nur die Notwendigkeit des gegenseitigen Respekts für Volksgruppen, sondern auch für Geschlechter. Dutcher, der sich selbst als transgender identifiziert, verbindet, auf seinem Klavierspiel aufbauend, traditionelle Melodien mit neoklassischen Elementen und Operngesang. Atemberaubender experimenteller Pop als Medizin für ein lebendiges Miteinander.
Erik Prochnow
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