Im alten Dorfkern von Schleife (sorbisch Slepo) fand vom 17. bis 19. Juni 2022 auf zwei Bühnen um die evangelische Kirche die neunte Ausgabe des Internationalen Dudelsackfestivals statt. Hier in der sächsischen Oberlausitz wird noch das sorbische Brauchtum gepflegt, um es vor dem – durch den Kohleabbau forcierten – Verschwinden zu retten. Besonders der Dudelsack und die kleine sorbische Geige sind über Jahrhunderte tradierte Volksmusikinstrumente. Ohne Dudelsack war in vergangenen Tagen eine Hochzeit in der Region nicht denkbar.
Text: Maren-Kea Freese; Fotos: Axel Valder
Orchestra Aleksandar
Neben dem Sorbischen Folkloreensemble Schleife e. V. traten auch Ensembles aus Tschechien, Polen und Mallorca in Trachten auf und tanzten zu ihren Musikstücken immer wieder Volkstanzformationen, die beim Schauen und Zuhören teils interessante, über den Dudelsack hinausgehende Gemeinsamkeiten offenbarten. Tanzstimmung auch beim Publikum kam mit dem Orchestra Aleksandar auf. Diese nach ihrem mazedonischen Gründer Aleksandar Arabadjiev benannte sechsköpfige Balkantruppe hat zwar auch Mitglieder aus Tschechien, Bulgarien, Weißrussland und Österreich, ist aber stolz darauf, die einzige mazedonische Formation in Wien zu sein, als die sie sich bezeichnet. Sie mischten mit ihrer Musik, aber auch Ihrer Verbundenheit mit der Tracht und alten Musiktraditionen die Veranstaltung auf eine Weise auf, die den Zuhörerinnen und Zuhörern in die Körper ging, trotz 36 Grad Hitze.
Mitglieder des Sorbischen Folkloreensembles Schleife e. V
Liesa und Ulrich Künzelmann spielten als Dudelsackvariante die Schäferpfeife, die sich ideal in ein Ensemble einfügt – hier nur aus einem Akkordeon bestehend, aber es eignen sich auch Drehleier, Gitarre und Bass. Die Musik erinnerte mitunter an den aus Frankreich und Belgien bekannten Bal Folk. Da die Schäferpfeife vom Mittelalter bis in die Neuzeit in Mitteleuropa weitverbreitet war, ging das Tochter-Vater-Duo in seiner Stückewahl ebenfalls zurück bis ins Mittelalter, was das Publikum zu Reigen- und Kreistänzen animierte. Eine Musik, die in ihrer beschwingten Melancholie länger nachhallte.
Ulrich und Liesa Künzelmann
Als Solistin bleibt die junge Cätlin Mägi aus Estland im Gedächtnis. Inspiriert von traditionellen Melodien und Liedern, experimentiert sie gewitzt mit Stimme und Textfragmenten, Soundcollagen, Dudelsack, Maultrommel oder Flöte als eine Art Laurie Anderson Osteuropas.
Cätlin Mägi
Zusätzlich gab es noch Rotkäppchen und der Wolf als kritische, sorbische Volkstheaterversion zu entdecken. Anlass war das dreißigjährige Jubiläum des Rhoner Dorftheaters aus dem Nachbardorf von und mit der über achtzigjährigen Gründerin, Sorbin und Kohlegegnerin Edith Penk sowie „Friends“ aus Polen und ganz Deutschland. Ihr Ansatz: Tradition mit Weltoffenheit, Wissen um die verschüttete Natur, ihre Heilkräfte und Gesetze, und Menschenliebe.
Das Festival war kostenfrei, es gab regionale und polnische Stände, sowie private Höfe mit Essensverkauf. Übernachtung war unter anderem naturnah auf dem Campingplatz Halbendorfer See möglich.
Rhoner Dorftheater
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