Die Leipziger Band Renft hatte in der DDR Kult-Status. Großen Anteil daran hatten die Textdichter Kurt Demmler und Gerulf Pannach. Letzterer trat in einer Reihe von Konzerten der Band auch solo mit Liedern gegen Phrasendrescherei und Bevormundung auf, was der Stasi natürlich nicht entging. Pannach nahm frühzeitig Kontakt zu Wolf Biermann auf und wurde daher intensiv überwacht. Zu seinen engsten Freunden zählten der Renft-Musiker Christian „Kuno“ Kunert und der Jenaer Schriftsteller Jürgen Fuchs, mit denen er auf einem von Biermann geschenkten West-Tonbandgerät ein Programm mit Liedern und Texten aufnahm, welches in den Westen geschmuggelt werden konnte. Im Buch sind alle Dauerkonflikte zwischen diesen Künstlern und der Staatsmacht anschaulich dargestellt – von Pannachs ersten kritischen Songs und seinem schwierigen Verhältnis zur FDJ-Singebewegung über die Exmatrikulation mit Berufsverbot von Fuchs, geheime Auftritte des Duos Pannach/Kunert nach dem Entzug der Spielerlaubnis, auch mit Renft und Bettina Wegner, schließlich das unsägliche Verbot der Gruppe Renft, die medienwirksame Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 und letztlich die Verhaftung und Abschiebung von Pannach, Kunert und Fuchs in den Westen, nachdem besagtes Tonband dort auf LP und im Radio veröffentlicht worden war. Zu lesen sind zahlreiche Stasiberichte, Schreiben an das ZK der SED und an Kulturfunktionäre, Briefe, Gedächtnisprotokolle, Liedtexte, Dokumente. Ein nachhaltiger Einblick in die Kulturpolitik der DDR und ihren Umgang mit Künstlern, die sich der Parteilinie verweigerten und ihren eigenen Weg suchten.
Reinhard „Pfeffi“ Ständer
Doris LiebermannGegen die Angst, seid nicht stille : d. geheime Tonband v. Pannach, Kunert u. Fuchs
– 2., unveränd. Aufl. – Halle : Mitteldt. Verl., 2023. – 320 S. : mit s/w-Fotos u. Abb.
ISBN 978-3-96311-689-6
25,00 EUR
Bezug: mitteldeutscher-verlag.de
0 Kommentare