Das Quartett Fior aus Stuttgart ist so etwas wie der Deutschtrad-Senkrechtstarter des Jahres. Neben dem prägnanten Gesang fallen Drehleier und Nyckelharpa – beides Streichinstrumente mit Tastatur – und verschiedene Dudelsäcke auf. Für den folker sprach Merit Zloch mit Sebastian Elsner, Björn Kaidel, Rick Krüger und Regina Kunkel.
Ihr habt 2023 Belgien, die Niederlande, die Schweiz und Deutschland (unter anderem Rudolstadt) musikalisch bereist. Wie kam eure Musik an?
Björn: In den Niederlanden sagte ein Besucher: „Wow, endlich mal jemand, der deutschen Folk macht! Und toll, dass ihr so viel Hintergrundwissen habt.“ Wir haben den Eindruck, dass im Ausland ein großes Interesse an deutschem Folk besteht, und unsere Musik kam dort bisher sehr gut an.
Sebastian: Die Leute waren begeistert. Nach jedem Konzert kam jemand auf uns zu und hat sich für den schönen Abend bedankt.
Björn: Trotz parallelem Santiano-Konzert waren Leute in Schwerin bei uns beim Bal Folk!
Wie kam es zu eurem Interesse an deutschsprachigen Quellen?
Björn: Ein Musikerkumpel, mit dem ich gelegentlich gespielt habe, hatte das erste Neues-aus-alten-Büchern-Heft und hat mir die Polonaise „Unter den Linden“ vorgespielt. Ich dachte: Das ist deutsch? Ist ja unglaublich!
Regina: Björn hat das Notenbuch mit nach Hause gebracht, und ich war auch sofort begeistert.
Rick: Ich bin mit der Musik deutschsprachiger Liedermacher aufgewachsen und habe später Mittelalterrock gehört. Beim Venner Folk Frühling hat mich erst der Irish Folk mit der Tin Whistle gepackt. Danach kamen Dudelsäcke, zuerst das Hümmelchen und dann der „Marktsack“. Irgendwann wollte ich andere Musik spielen, habe mir eine Schäferpfeife besorgt und bin zum Spielkurs Mühlhausen gefahren – der finale Auslöser!
Sebastian: Bei mir war es auch der Spielkurs Mühlhausen. Dort habe ich Björn und Rick kennengelernt.
Wie seid ihr eigentlich zusammengekommen? Es gab ja vor Fior diverse Duos mit euch …
Björn: Ohne den Spielkurs Mühlhausen gäbe es uns wahrscheinlich gar nicht.
Regina: (ruft rein) Ich war noch nie in Mühlhausen!
Björn: Ich hatte ja mit Regina das Duo Akleja und eines mit Rick, Airu. Wir kamen auf die Idee, dass man doch das Repertoire für das mit Airu geplante Album vor der Veröffentlichung jemandem vorspielen sollte. Wir fragten Regina und Sebastian. Danach zeigte uns Rick ein neues Stück und wir dachten: Lasst uns mal probieren, wie das zu viert klingt!
Sebastian: Dann gab es Silvester 2017/18 eine Session bei Björn, und es war final um uns geschehen.
Den Leuten gefällt ja offenbar traditionelle Musik. Wie könnte man mehr Menschen damit erreichen?
Björn: In Schweden beispielsweise hat musikalische Bildung einen ganz anderen Stellenwert in der Schule. Der Drehleierspieler Johannes Hellmann spielt bis zu dreißig Schulkonzerte im Jahr.
Regina: Wie viele Kinder da in Kontakt mit dieser Musik kommen …
Sebastian: Meine Frau ist Dänin. Da ist Volksliedsingen in der Schule und zu Hause unglaublich verwurzelt.
Rick: Ich habe häufig von meinen älteren Schülern gehört, dass sie immer Dudelsack lernen wollten, es aber keinen Unterricht gab. Meine Erfahrung aus der Musikschule, wo ich das Instrument jetzt unterrichte, ist: Wenn diese Instrumente und diese Musik auf dem Programm stehen, ist das Interesse riesig.
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