Das Buch ist ambivalent. Zum einen ist es eine schöne Veröffentlichung anlässlich des zwanzigsten Todestages des „Man in Black“. Ein richtiges Coffee Table Book mit den wichtigsten Songlyrics Johnny Cashs. Mit Texten von Cashs Sohn John Carter Cash und des Cash-Historikers Mark Stielper. Illustriert mit vielen, zum Teil farbigen und großformatigen Fotos und Abbildungen. Zum anderen ist dieses Buch ein von der Familie Cash autorisiertes, auf den Beiträgen des Familienhistorikers und Freundes der Familie Stielper fußendes Werk, das versucht das Cash-Bild zu glätten. Aber das Leben Cashs, das hier mittels 125 ausgewählter Songtexte erzählt wird, war dafür zu widersprüchlich. So waren die Auftritte von Louis Armstrong, Bob Dylan und (dem im Buch nicht erwähnten) Pete Seeger in Cashs TV-Show nicht nur Ausdruck einer großen musikalischen Bandbreite, wie es im Buch heißt, mit ihnen überschritt Cash Grenzen, indem er seinem weißen Südstaatenpublikum schwarze und „linke“ Musiker zumutete. Tatsächlich wollte er Brücken bauen. Er trat bei Richard Nixon auf, war zwar höflich und respektvoll, weigerte sich aber dessen gewünschte Spottlieder gegen die Hippies zu singen. Auch das unterschlägt Stielper. Cash hatte Verständnis für die kritische Jugend und sang daher „What Is Truth“ für Nixon. Cash setzte sich für die Native Americans ein und spielte für Gefängnisinsassen, war aber auch mit dem evangelikalen Prediger Billy Graham befreundet. Zudem ist Stielpers Musikgeschichtsschreibung lückenhaft. Er erzählt von der Carter Family, ohne deren afroamerikanischen Gehilfen Lesley Riddle zu erwähnen. Er brachte Maybelle ihre besonderen Fertigkeiten im Gitarrenspiel bei, er half A. P. beim Sammeln der Songs. Es ist ein sehr harmonisierendes Buch, das zwar teilweise durchaus wichtige Einsichten in Werk und Wirken Johnny Cashs liefert, das aber grundsätzliche Fragen und Bewertungen unterlässt. Hier sind unabhängige Biografien längst weiter.

Thomas Waldherr