Jan Reichow

*6.12.1940 Greifswald, Deutschland
† 2.5.2025 Solingen, Deutschland

26. Mai 2025

Lesezeit: 2 Minute(n)

Jan Reichows Lebenslauf soll hier nicht detailliert wiedergegeben werden. Er war studierter Geiger, promovierter Musikwissenschaftler, und sein Leben prägte eine unglaubliche musikalische und thematische Vielfalt. Im Zusammenhang mit dieser Zeitschrift sei erwähnt: Fast dreißig Jahre bis zu seiner Pensionierung leitete Reichow die Abteilung Volksmusik im WDR. In dieser Zeit wurde der WDR deutschlandweit zum bewunderten Radioleuchtturm für Folk- und Weltmusik. Legendär waren vor allem das WDR Folkfestival oder die „Matinee der Liedersänger“.

1991 bis 1999 öffnete Reichow das WDR-Archiv mit eigenen Produktionen im Bereich Folk, Roots und Musikkulturen der Welt für das Frankfurter Label Network Medien. Von den 49 Alben, die mit dem Material produziert wurden, zeichnete Reichow für drei persönlich verantwortlich: Indien, Pakistan und Afghanistan. Völlig zu Recht erhielt er 1996 das Bundesverdienstkreuz und 2005 die Ehren-RUTH in Rudolstadt.

Ich habe Jan Reichow immer bewundert, zuvorderst natürlich wegen seines scheinbar unendlichen Musikwissens und -horizonts. Aber Reichow hatte auch etwas, das bei wissenschaftlich grundierten Menschen ziemlich selten ist: eine große Toleranz und eine Portion Vertrauen gegenüber Amateurmusik. In diesem Zusammenhang habe ich Jan Reichow viel zu verdanken. In den frühen Achtzigern wurde der folker-Vorgänger Folk-Michel von den meisten etablierten Musikfachleuten noch als Fanzine oder sogar als musikalische Schülerzeitung abgetan. Reichow jedoch stand mit Rat und Tat unterstützend zur Seite. Das galt auch im konkreten Sinn: Über die Jahre buchte die Abteilung Volksmusik die Rückseite der Zeitschrift, um auf ihre zahlreichen Sendungen hinzuweisen.

Als ich 1985 zusammen mit dem Musiker Norbert Hanewinkel und dem Produzenten Ansgar Ballhorn die Idee einer modernen monatlichen Folksendung hatte, gab Reichow mir und Norbert als blutigen Amateuren für die „Folk Trends“ nicht nur einen riesigen Vertrauensvorschuss, sondern auch gleich einen prominenten Sendeplatz auf WDR 2. Wir haben es ihm mit besonders harter und sorgfältiger Arbeit zurückgezahlt.

In einem Interview mit Michael Kleff im folker (Heft 6/2015) sagte er passend und vorausschauend: „Bedauerlicherweise ist das Leben endlich …“ Jan Reichow hat bis ganz zum Schluss etwas wirklich Wunderbares aus seinem Leben gemacht!

Mike Kamp

Foto: Privat

1 Kommentar

  1. Besser kann man ihn nicht würdigen. Hut ab vor einem tollen Mann und wie schade, dass sein Lebenswerk von all diesen so genannten Reformen ruiniert wurde.

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert