1975, während die brasilianische Militärdiktatur die künstlerischen Freiheiten durch Zensur und Auftrittsverbote einschränkte, erlaubten sich unterirdisch in einem Keller in São Paulo drei Musiker, sich alle musikalischen Freiheiten zu nehmen. Die Brüder Lelo (Fender Rhodes) und Zé Eduardo Nazário (Drums, Percussion) sowie der Bassist Zeca Assumpção spielten dort 1975 als Grupo Um ein Album ein, welches erst jetzt veröffentlicht wurde. Ihr „Jardin Candida“ klingt wie der Elefant im Schrottwarenhandel: eine geniale, freie Klangreise mit allem, was wohl im Studio zu finden war. „Cortejo Dos Reis Negros“ lebt dagegen von einer Variation des Maracatu-Rhythmus mit einer Zwei-Noten-Basslinie, Klavierimprovisationen, jubelnden, wortlosen Vocals sowie Klängen der Cuica und von Gleitflöten. „Onze Per Oito“ hat zwar nur zwei Akkorde, das Stück im Elfachteltakt packt einen aber durch immer wilder werdende Fender-Rhodes-Improvisationen. Der Einfluss von Brasiliens Jazzpapst Hermeto Pascoal ist deutlich, die Verbindung von Free Jazz mit brasilianischen Klängen und Rhythmen ist eine Jazzform, wie sie sich damals nur dort entwickelt hat.
Hans-Jürgen Lenhart
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