Ein wunderbares Beispiel dafür, dass es nie zu spät ist, sich ganz der Musik zu widmen. Schon vor vierzig Jahren hatte der Hamburger Liedermacher einen Auftritt im ARD-Talentschuppen. Doch nach verschiedensten Berufen wie Buchhändler, Verlagsvertreter, Systemischer Berater, freier Lektor, Ghostwriter oder Taxifahrer sowie einer schweren Depression lebt er erst seit dem Lockdown nur noch für die Musik. Und die Entscheidung war absolut richtig. Nachdem sein erstes Album Am Leben so dichtbereits für den Preis der deutschen Schallplattenkritik nominiert wurde, legt der 63-jährige nun ein exzellentes Werk nach. Die elf Kompositionen im Stil des frühen Bob Dylan oder Leonard Cohens ergreifen vor allem durch ihre tiefgehenden, vielschichtigen lyrischen Texte über Neuanfang, Abschied und Liebe. Berührend werden sie jedoch durch Erbs sanfte Stimme, die ein wenig an Knut Kiesewetter erinnert, sowie durch die eingängigen Melodien und die erstklassigen Arrangements rund um sein gefühlvolles Gitarren- und Mundharmonikaspiel. Live eingespielt mit Studiomusikern präsentiert Erb Balladen voller Gelassenheit, die einen vom ersten Ton an nicht mehr loslassen. Ein großer Singer/Songwriter, der in der zweiten Lebenshälfte am Anfang seiner Karriere steht.
Erik Prochnow
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