Abschied von der Oysterband

Ein letztes Mal für sieben Konzerte in Deutschland

23. Dezember 2024

Lesezeit: 2 Minute(n)

folker präsentiert

Die Fünfzig wollten sie dann doch nicht mehr voll machen. Mit einer monatelangen Tour unter dem Titel „A Long Long Goodbye“ verabschieden sich die britischen Folkrocker von ihrem treuen Publikum, das sich über mehrere Kontinente verteilt.

Text: Almut Kückelhaus

Dabei hatte es in ihren Anfängen um 1978 überhaupt nicht nach einer internationalen Karriere ausgesehen. John Jones (Gesang, Knopfakkordeon), Alan Prosser (Gitarren, Gesang) und Ian Telfer (Geige, English Concertina, Gesang) waren alle zum Studium nach Kent gekommen und fanden sich Mitte der Siebziger mit drei Kollegen zur Oyster Ceilidh Band zusammen, die bei Volkstanzabenden aufspielte. Sie beherrschten also das musikalische Vokabular des English Folk, waren aber zu neugierig und experimentierfreudig, um Tanzkapelle zu bleiben. Das Gründertrio probierte Arrangements mit allen möglichen Instrumenten und begann, eigene Songs zu schreiben. Die Band entwickelte ihre Musik vom Folk in Richtung Rock und nicht wie andere umgekehrt. Das hört man heute noch.
Das erste Album erschien 1980, weitere folgten, bevor sie 1986 einen Schlagzeuger in die Band holten. Es ging weg von ländlicher Beschaulichkeit hin zu einem zeitgemäßen Sound, ohne die Wurzeln in der Tradition zu kappen. Ihre Selbstbeschreibung heute: „Wir machen eine Art von moderner, folkbasierter britischer Musik, im Herzen akustisch, aber nicht immer leise.“ Alle eigenen Liedtexte sind auf der Bandwebsite nachzulesen.

John Jones mit seiner markanten Stimme, Alan Prosser als vielseitiger Gitarrist und Fiddler Ian Telfer mit seinem Gespür für schöne Melodielinien blieben bis heute beisammen. Ray „Chopper“ Cooper (Cello, Gesang) prägte den Sound ab 1988 für 25 Jahre mit. Mit dem verkürzten Namen The Oyster Band und einem Vertrag bei dem Label Cooking Vinyl wuchs der Erfolg. Die ersten internationalen Tourneen führten nach Skandinavien, Osteuropa und Nordamerika, dann auch nach Asien. So erwarben sich die Oysters den Ruf, vor allem eine Liveband zu sein.

Ihr Aufstieg fiel in etwa mit der Thatcher-Ära und deren brutaler Deindustrialisierung zusammen, die mit massenhaften Jobverlusten einherging. Die Band, immer politisch wach, scheute sich nicht, Position zu beziehen, etwa während des Bergarbeiterstreiks 1984/85. Ein Meilenstein war das 1990 in Kooperation mit der renommierten Folksängerin June Tabor produzierte Album Freedom And Rain. Dieses und der Nachfolger Ragged Kingdom von 2011 erschienen übrigens 2024 noch einmal als Reissues auf Vinyl.
Der Durchbruch zur Aufmerksamkeit des Rockpublikums kam 1993 mit Holy Bandits. Kurz Oysterband genannt, erspielte sich das Sextett auch in Deutschland eine große Fangemeinde. Mehr als zehn weitere Studio-, Livealben und Sampler folgten.
Was die Band von anderen abhebt, dürfte neben der Qualität und Eingängigkeit ihrer Lieder und den auch teils a cappella präsentierten Gesangsharmonien ihre aufrechte Haltung sein. Hier werden keine (historischen) Parallelwelten aufgebaut, es geht um die Bewältigung der Gegenwart. Beim Black Sheep Festival 2014 drückte John Jones es deutlich aus: Man sehe die vielen Probleme in der Welt, wolle die Leute aber nicht darüber in Resignation versinken lassen, sondern ihnen Zuversicht mitgeben.

Im März 2025 kommt die Band nun ein letztes Mal für sieben Konzerte nach Deutschland. Alle Termine finden sich unter www.alonglonggoodbye.live.

www.oysterband.co.uk

www.youtube.com/oysterbandvaults

Aktuelles Album:

Read The Sky (Running Man Records, 2022)

Termine:

10.03.25 Hamburg, Knust

11.03.25 Berlin, Frannz Club

12.03.25 Hannover, Pavillon

13.03.25 Worpswede, Music Hall

14.03.25 Köln, Kulturkirche

15.03.25 Bensheim, Musiktheater Rex

16.03.25 Bochum, Zeche

Oysterband

Foto: Graham Whitmore

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