Auf dem Papier scheint alles klar. Trotz diverser Diskussionen gilt der vom Menschen verursachte Klimawandel in Wissenschaft, Politik, Bevölkerung und den Medien als Tatsache. Hauptursache der ansteigenden Erwärmung der Erde sowie der damit verbundenen Probleme wie Extremwetter oder Dürren ist der zunehmende Ausstoß an Treibhausgasen. Laut des aktuellen Klimaberichts der Bundesregierung nahm die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre in den vergangenen 150 Jahren um 46 Prozent zu. In Deutschland stieg die Durchschnittstemperatur seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 um 1,6 Prozent.
Angesichts der Dringlichkeit haben sich 197 Staaten im Pariser Klimaabkommen von 2015 dazu verpflichtet, die Erderwärmung auf 1,5 bis 2 Grad zu begrenzen und nationale Maßnahmen zu ergreifen. Während die Europäische Union in ihrem Green Deal eine Treibhausgasneutralität bis 2050 vorsieht, hat die aktuelle Bundesregierung 2021 mit einem Stopp des Anstiegs der Treibhausgase bis 2045 sogar ehrgeizigere Ziele verabschiedet. Das bedeutet, es muss jetzt gehandelt werden. Doch genau daran hapert es. Nach einer deutlicheren Absenkung im ersten Lockdown der Coronapandemie ist der CO2-Ausstoß seit 2021 wieder angestiegen.
Die Notwendigkeit zum Handeln bedeutet auch für die Musikbranche gravierende Veränderungen. Anlass für den folker, Bilanz zu ziehen, welchen Beitrag die Genres unseres Spektrums leisten können und müssen. Als Ausgangspunkt wirft Erik Prochnow einen Blick auf die Verantwortung der Musikwirtschaft im gesamtpolitischen und wirtschaftlichen Kontext. Als erstes Fazit lässt sich feststellen, dass sich tatsächlich etwas bewegt. Unter den Künstlerinnen und Veranstaltern wächst das Bewusstsein, selbst einen Beitrag zu leisten.
So diskutierte die folker-Redaktion mit Verantwortlichen der drei Festivals Bardentreffen, Mediaval und Rudolstadt über die Möglichkeiten solcher Veranstaltungen in Sachen Nachhaltigkeit. Wir zeigen, wie das Folkduo Tante Friedl, Liedermacher Bastian Bandt und Hangspieler Manu Delago ihre Touralltage möglichst ökologisch zu gestalten versuchen. Ulrike Zöller nimmt das aktuelle, sich um Nachhaltigkeit drehende Programm der Sängerin und Geigerin Monika Drasch unter die Lupe. Eine Reise in das von der Abholzung des Regenwaldes stark bedrohte Brasilien unternimmt Hans-Jürgen Lenhart – er stellt mit dem Gitarristen Lucas Santtana einen der wenigen dortigen Musikschaffenden vor, der nicht nur mit seinem aktuellen Album die Stimme gegen die wenig nachhaltige Politik seines Landes erhebt. Um einen verantwortungsvollen Umgang mit den kostbaren Ressourcen der Erde geht es im Beitrag von Udo Hinz über nachhaltige Produktion im Gitarrenbau. Und Peggy Luck plädiert schließlich in ihrem Artikel für eine Abkehr von der Wachstumsdoktrin der Wirtschaft und die Hinwendung zu einer lokalen oder regionalen Musikkultur.
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