Nichts hat die Musik tiefgreifender revolutioniert als die Entwicklung des Computers und des Internets. Mit der Digitalisierung hat sich alles verändert: die Art wie wir Musik hören, auf welchen Medien und über welche Wege wir sie kaufen, wie wir sie aufnehmen, wie Musikschaffende entlohnt werden und nicht zuletzt wie die Musik gespielt und sogar komponiert wird. Höchste Zeit für den folker, das Thema als Schwerpunkt aufzugreifen. Denn der rasante technologische Wandel stellt zuallererst das Selbstverständnis der Musikschaffenden in Frage.
Braucht es in Zeiten, in denen kaum noch unterscheidbar ist, ob Musik von einem Menschen oder einem Computer komponiert wird, überhaupt noch Musikerinnen und Musiker und wenn ja, was zeichnet diese dann aus? Mit tatkräftiger Unterstützung von zwei Experten, dem Musikverleger Neil Grant und dem Musiker Guntmar Feuerstein, hat sich die folker-Redaktion auf die Suche nach Antworten gemacht. Das Ergebnis ist eine fundierte Bestandsaufnahme sowie ein umfassender Einblick in die aktuellen digitalen Entwicklungen in der Musikszene sowie die bevorstehenden Herausforderungen für die Künstlerinnen und Künstler. Grant und Feuerstein führen uns mit großem Detailwissen durch die brennenden Themen wie Streaming, Konsumgewohnheiten, das Verlegen sowie das künftige Machen von Musik. Vor allem aber zeigen sie Chancen auf, die in der Digitalisierung liegen.
Im weiteren Verlauf des Schwerpunkts zeigt folker-Autor Michael Freerix, wie die 17 Hippies mit Hilfe digitaler Technik ganz neue Wege gehen, um ihr kommendes Album zu veröffentlichen. Zunehmend wichtig für Profis wie Hobbymusizierende ist auch das Thema digitaler Unterricht. Redaktionsmitglied Erik Prochnow beleuchtet dazu die Pionierarbeit der Musikschule Dortmund. Der Geschäftsführer der English Folk Expo Tom Besford unterstreicht, wie die digitalen Möglichkeiten im Lockdown halfen, viele Musikschaffende über Wasser zu halten. Ulrike Zöller wiederum belegt mit ihrer Geschichte über das Onlinelehrangebot der School of Trad, dass Digitalisierung auch vor traditioneller Musik nicht haltmacht. Wie fruchtbar die Onlinezusammenarbeit unter Musikern sein kann, präsentiert Herausgeber Mike Kamp. Er hat sich mit einem ungewöhnlichen Liedprojekt der schottischen Singer/Songwriterin Kim Edgar befasst.
Die vielfältige Sicht der Szene selbst unterstreichen schließlich Auf-den-Punkt-Statements aus dem In- und Ausland. Der Leiter des Nürnberger Bardentreffens Rainer Pirzkall, die Musikerin Christina Lux, der englische Singer/Songwriter Steve Knightley, die PR-Expertin Uta Bretsch sowie Brendan Erler vom Trikont-Label diskutieren sehr divers die Auswirkungen der Digitalisierung. Es kommen aber auch Fans zu Wort, deren Fazit eindeutig ist: Auf handgemachte Musik, am besten live gespielt, will niemand verzichten.
Erik Prochnow
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