17. Januar 2025

HEAVE AWAY – HAUL AWAY

Sensationell! Mit „Mock mi’n Grog inne Klack“ hat der Shantychor Neuhaus am Rennweg bereits den sechsten Top-Ten-Hit in den Charts. Nach Heulern wie „Hey ho hiev em op“, „Kiek mol da inne Rah“, „Pull em vull en krüzz de Pfütz“ oder „Hänge matt in‘ Kattegatt“ dachten selbst Pessimisten, der Durchmarsch würde never enden.

Dann plötzlich Maschinen stopp – Geisterstunde im Totenschiff. Die Seeluft verpufft, der Flow verflogen. „Watt is los inne Kombüse?“, fragte unser folker-Korrespondent den Cheftrainer der Hitmaker. Und dieser, nach zwei Tuben Kaviar und drei Dosen Jever, taute auf und ließ Stück um Stück den Aal aus der Hose. Von versalzenen Stockfischen war da die Rede, von Austern-Banking, Buckelwalpartys, Wattwurmattacken und Kentermanövern bei Orkanstärke. Dabei stets am und im Mann: kübelweise Küstennebel, welcher, anders als der gewohnte heimische Kräuterling, den Singfreunden die Schlünde ausdünnte.

Anders formuliert: Der Shantychor Neuhaus am Rennweg hatte – wie einst Karl May – eine Bildungsreise zu den Urgründen seiner Hits unternommen und sich der waterkantigen Lebensart als nicht gewachsen entpuppt. Welche Tragik! Welche Komik! Welche Farce!

„Aber damit ist nun Schluss“, schwört der Ensembleleiter und meint damit so ziemlich alles, was schieflief. Vermutlich, sinniert er erleuchtet, war ja dies die Quittung für die allzu leichtfertige Aneignung fremden Kulturguts. Mithin laute seine finale Erkenntnis: Schuster, bleib bei deinen Ruhla-Uhren, deinen Pilzwanderungen und Waldzitherpartien. Lass dem Seebär sein Meerschweinchen, dem Krebs seine Krabbe und der Ebbe ihre Flut. Und wann immer drei Plattleute „He ho – Mann över Bord“ anschnäbeln, haltet inne und wartet, bis der Dampfer verdampft, die Heulboje verstummt und Liegelotte im Strandkörbchen frisch eingecremt ist.

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