Es gießt in Fäden, die geplante Sommermugge fällt ins Wasser. Tags drauf brät die Sonne, ein Fan dehydriert, auch dieser Gig platzt. Der Künstler hockt in seiner Kartause, misslaunig zwischen zwei geborgten Lüftern, im Muff verwirbelter Schwitzluft.
Es klopft. Er will keinen sehen. Es klopft wieder. Draußen steht niemand, aber etwas schwebt an ihm vorbei ins Innere – Pegasusi, seine Muse. Jene geschlechts- und wesenlose Lichtgestalt, ohne die kein Reim je aus dem Setzkasten der Schöpfung quöllte.
Unser songreitender Singer, eben noch scheiße drauf, scheint schier verwandelt. Er eilt ans Tablet, schafft es kaum, eine Lulle anzustecken, da fließt es schon wie durchs Ahrtal aus ihm heraus. Seine im neuronalen Tidenhub säuselnde Flüstertüte menetekelt, perlt, karfunkelt, extrahiert aus des Dichters präfrontalem Kortex geschliffenste Reimheiten in metrischen Parlandern fehlerfrei hinein ins frisch geupdatete Schreibprogramm.
Strophe eins? – Sitzt!
Refrain? – Ein singseliges Zuckersüßmilchgeschlurf von einem Kehrreim, wie mit dem Goethesiegel geadelt.
Strophen zwei, drei, vier samt Bridge? – À la bonheur! Hingeschäumt aus einem Guss, die Pointe treffsicher getupft auf das unbetonte „e“ in „Salatgurke“. Da muss man nichts hinzutun, gar neu erfinden, perfekt wäre untertrieben. So geht Kunst! Punkt! Ausrufezeichen.
Dann aber erfasst unseren Reimer der Zweifel des Zuendegedachten. Verdankt sich das eben Geschöpfte nicht einzig seiner kotzbeschissenen miesen Laune? Ein Jota mehr Gelassenheit, und er hätte das Klopfen gar nicht gehört. Von wegen kreative Höhenflieger mäandern empor auf Fontänen sprudelnder Glückshormone. Papperlapapp. Entnervt, gebeutelt, zermürbt will sie sein, die wahre Künstlerseele: Ich bin, also bin ich am Arsch. Gäbe es eine Kulturgeschichte des Frusts, sie erbrächte den Beweis: Oberanwärter auf die Rampensau der schöpferischen Moderne ist der grübelgrämige Stinkstiefel.
Zurück zu den geborgten Lüftern. Draußen in der Schwüle schüttet es, dass die Archen sinken – drinnen aber, im Trocknen, mixt unser Mann mit neuer Frisur am Soundtrack seiner elysischen Sturzgeburt: „O Wollüst, üch bün’s, dein Vergüssmeinnücht – wükipüttipidia“ …
HEAVE AWAY – HAUL AWAY
Zugabe Folker 4/24
0 Kommentare