Wer darf sich Country nennen?

Wenn Weltstars sich dem Country widmen

5. April 2025

Lesezeit: 3 Minute(n)

Mit Post Malone und Beyoncé haben letztes Jahr zwei eher unerwartete Artists ihre jeweiligen Countryalben veröffentlicht. Was sagt das über das Genre? Und was macht es mit ihm?

Text: Ralf Grabuschnig

Wir leben in einer spannenden Zeit für Countrymusik.

Das erste Mal seit den Neunzigern ist das Genre wieder so richtig im Herzen des amerikanischen Zeitgeists angekommen. Morgan Wallen und Luke Combs schafften es 2023 sogar, gleichzeitig Platz eins und zwei der US-Billboard-Charts für mehrere Wochen besetzt zu halten. Und auch in Europa ist Country so präsent wie schon lange nicht mehr.

Eine Folge dieses neuen popkulturellen Einflusses ist, dass auch Künstler und Künstlerinnen aus anderen Bereichen immer häufiger den Schritt in den Country wagen. Die zwei größten dieser Stars waren dabei kürzlich sicher der Rapper Post Malone und die RnB-Legende Beyoncé.

Was macht eine solche plötzliche Popularität mit dem Genre?

Post Malone – F-1 Trillion

Post Malone – F-1 Trillion.

© 2024 Mercury Records, Republic Records

Der Rapper Post Malone hat mit seinem Album F-1 Trillion nicht nur den Fuß ins Wasser der Countrymusik gehalten – er ist aufs Ganze gegangen. Es kam aber auch nicht aus dem Nichts.

Bereits während der Pandemie hat Post Malone erstmals Wellen in der Countrywelt geschlagen, als er gemeinsam mit der Band von Dwight Yoakam ein Livevideo auf Youtube veröffentlichte und darin den Song „You Can Have The Crown“ der Indie-Legende Sturgill Simpson coverte.

Entsprechend herzlich war auch Postys Aufnahme in Nashville, als sein Album letzten Sommer dann erschien. Sogar so sehr, dass unter den achtzehn Songs auf F-1 Trillion nur drei Solotracks von Post Malone zu finden waren. Alle anderen sind Kollaborationen mit den größten Namen des Genres: Hank Williams Jr., Tim McGraw, Dolly Parton, Luke Combs Morgan Wallen, Lainey Wilson.

Das Album erreichte Platz eins der US-Albumcharts.

Beyoncé – Cowboy Carter

Beyoncé – Cowboy Carter

© 2024 Columbia, Parkwood Entertainment

Bereits einige Monate vor Post Malone veröffentlichte Beyoncé ihr lang erwartetes Countryprojekt Cowboy Carter.

Wobei „lang erwartet“ eine krasse Untertreibung ist. Beyoncé ist die vielleicht populärste und einflussreichste Künstlerin der USA. Von ihren Fans wird sie zum Teil geradezu vergöttert, und entsprechend groß waren die Erwartungen.

Das hat aber noch einen Grund: Beyoncés Beziehung zum Genre und dem Nashville-Establishment könnte kaum unterschiedlicher sein als die von Post Malone.

Nachdem Beyoncé im Jahr 2016 bei den CMA Awards aufgetreten war, hagelte es geradezu Kritik und wütende Zuschriften von Zuschauern und Zuschauerinnen. Beyoncé hätte als RnB-Künstlerin doch nichts bei einer Countryshow verloren – so der Tenor.

Cowboy Carter ist Beyoncés Antwort darauf.

Eine Neubewertung dessen, was Countrymusik überhaupt bedeutet und wie sie zu klingen hat. Eine Antwort, die vielen erneut übel aufgestoßen ist.

(siehe hierzu auch https://folker.world/intensiv/black-country)

Country gefangen im Kulturkampf

Und ganz ohne Grundlage ist diese Kritik auch nicht: Wenn man sich das deutlich über einstündige Epos Beyoncés anhört, wird man nicht gerade von klassischen Countrysounds begrüßt. Das Album klingt letztendlich eben nach Beyoncé, während beispielsweise Post Malone deutlich angepasster nach Nashville kam.

Aber doch sagen uns die Reaktionen auf die beiden Alben noch etwas anderes und Tiefergehendes:

Es geht hier nicht nur um Musik. Es geht auch um einen Kulturkampf.

Post Malone – ein weißer Mann, der sich nur selten offen über Politik äußert – passt zumindest halbwegs in das Weltbild vieler Countryfans. Beyoncé, eine schwarze Frau (wenn auch aus Texas), die sich immer wieder mit liberalen Aussagen zu Wort gemeldet hat, eher nicht.

Neben einem gewissen Elitarismus sehen wir in den Reaktionen auf Beyoncés Album durchaus auch eine Portion Rassismus.

Und das zeigt eine Sache deutlich auf: Auch Country ist schon lange Spielfeld des laufenden Kulturkampfes in der USA geworden. Wie eine Person sich politisch einordnet, kann gut daran abgelesen werden, was er oder sie von den Alben Post Malones und Beyoncés hält.

Die wachsende Popularität des Genres befeuert diesen Kulturkampf weiter.

Gleichzeitig ist die Countrymusik, das Establishment in Nashville und – am wichtigsten – das Publikum aber heute auch mit Einflüssen aus Hip-Hop und RnB konfrontiert, die vor dieser Popularitätsexplosion kaum den Weg in Countryradios gefunden hätten.

Positiv ausgedrückt kann man also auch sagen: Das Genre hat ein einmaliges Potenzial sich weiterzuentwickeln. Und das ist letztendlich doch immer eine gute Sache. Egal ob man Cowboy Carter jetzt als sonderlich „countryhaft“ empfindet oder nicht.

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