Authentisch, ehrlich und mit Haltung

Zwanzig Jahre Broom Bezzums

3. Juni 2025

Lesezeit: 4 Minute(n)

In England wären sie sich vermutlich nie begegnet – Andrew Cadie aus Northumberland und Mark Bloomer aus Birmingham. Aber der Zufall führte sie etwa zur gleichen Zeit nach Rheinland-Pfalz, der Liebe wegen. Eines Tages trafen sich die beiden in Kirchheimbolanden bei einer Pubsession. Die Chemie stimmte, und das Duo Broom Bezzums, benannt nach einem traditionellen Song nordenglischer Besenbinder, war geboren.

Text: Almut Kückelhaus

Der erste gemeinsame Auftritt fand 2005 im Keller einer Schnapsbrennerei statt. Unzählige weitere sollten folgen. Nicht nur durch ihren Fleiß, sondern auch durch solides Können und sympathische persönliche Ausstrahlung haben sich die Broom Bezzums einen festen Platz in der deutschen Folkszene erarbeitet.

Vielleicht war es ein Vorteil, dass sie von Haus aus unterschiedliche Einflüsse mitbringen. Mark Bloomer kommt vom Alternative Rock und spielte schon in jungen Jahren professionell Schlagzeug. Folk entdeckte er für sich, als er einige Jahre in Irland lebte und Straßenmusik machte. Dazu eignete er sich das Spiel auf Gitarre und Mandola an.

Andrew Cadie absolvierte in seiner Heimat ein Studium der traditionellen Musik und brachte mit seinem regionalen Fiddlestil sowie den Northumbrian Smallpipes starke historische Wurzeln in das neue Duo ein. Beide haben sich hörbar auch mit US-amerikanischer Musik auseinandergesetzt, was sich erstaunlich gut einfügt. Ein Markenzeichen ist ihr ausgewogener zweistimmiger Gesang. Dazu kommt das Gespür für schöne Melodielinien und effektvolle Harmoniebegleitung.

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Während zunächst traditionelle Songs und Tunes den Schwerpunkt des Materials bildeten, wuchs über die Jahre hinweg stetig der Anteil selbst geschriebener Lieder, was sich gut an den sechs Alben der beiden nachvollziehen lässt. Mark Bloomer und Andrew Cadie haben eine deutliche Begabung dafür entwickelt, eingängige, aber nicht flache Songs zu verfassen. Beim Schreiben gehen sie intuitiv vor, wobei ihnen die Erfahrung auf der Straße und auf der Bühne zugutekommt: „Man spürt schnell, was funktioniert und was nicht.“ Ihr „Keep Hauling“ hat es mit dem Shantychor Fisherman’s Friends ins Kino und in die britischen Charts geschafft.

Broom Bezzums

Foto: Almut Kückelhaus

Ihre Art des Auftretens hat sich über die Jahre nicht verändert: Sie sind einfach sie selbst, authentisch, ehrlich und mit Haltung. Die Broom Bezzums lassen keinen Zweifel daran, dass Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit ihnen gerade in der heutigen Zeit am Herzen liegen. Dazu passt auch die Besinnung auf die Geschichte, immer aus dem Blickwinkel des „kleinen Mannes“. Auf der Bühne schlüpfen sie in keine künstliche Rolle, sondern bleiben freundlich, zugewandt und humorvoll. Letztlich ist es die Energie, die aus der persönlichen Überzeugung erwächst, welche das Publikum live begeistert. Da braucht es keine Animation, damit die Menschen sich angesprochen fühlen. Ihren markanten Sound beschreiben sie mit „Powerful New Folk“.

Sind die beiden (längst eingebürgerten) Engländer genervt, mit ihrer Musik von Veranstaltenden oder Medien als „keltisch“ bezeichnet zu werden? Manchmal schon ein bisschen, räumen sie ein, sie seien aber nicht beleidigt, als Iren oder Schotten angesprochen zu werden. Deren Musik sei in Deutschland einfach breiter vermarktet worden. Natürlich bedauern sie, dass die Musik ihrer englischen Heimat hierzulande nicht bekannter ist.

„Wir sind halt stur!“

Früher, das heißt vor Corona, sind sie regelmäßig und erfolgreich in England getourt. Dass das länger nicht geklappt hat, liegt nicht nur an den Pandemiefolgen. Es sei halt alles viel teurer geworden. Ein willkommenes Angebot kam von einem britischen Reiseveranstalter, der Folkurlaube anbietet. So konnten die Broom Bezzums in Portugal und auf Ibiza auftreten. Auch die Rheinkreuzfahrt mit dem legendären englischen Gitarristen Richard Thompson war ein bemerkenswertes Erlebnis. Ein wiederkehrender Abschnitt im Kalender ist und bleibt die beliebte Wintertour, zu der sie jeweils mit einer (wechselnden) Sängerin unterwegs sind. Streaming ist bekanntlich ein großes Problem für Menschen, die mit Musik ihren Lebensunterhalt bestreiten. Die Produktion des neuen Albums Standing Strong (siehe Rezension in folker 1.25) war zwar durch Crowdfunding vorfinanziert. Für die monatelange musikalische Vorarbeit haben die beiden Musiker zum Zeitpunkt des Erscheinens nach eigener Aussage aber noch keinen Cent gesehen.

Broom Bezzums

Foto: Promo

Zur Vermarktung von Standing Strong, das komplett selbst produziert wurde, haben sich die Broom Bezzums für das Portal Bandcamp entschieden, wobei der CD-Verkauf im Rahmen von Auftritten natürlich weiter wichtig bleibt. Dass das Album erst acht Jahre nach der der letzten Veröffentlichung erschienen ist, verwundert unter diesen Bedingungen nicht, vor allem, wenn man merkt, wie akribisch sämtliche Details bis in die Tiefe arrangiert wurden. 

Beide Musiker haben sich ein zweites Standbein aufgebaut. Mark arbeitet als Musiktherapeut mit Heimkindern. Andrew hat sich mit seinem eigenen Studio einen Jugendtraum verwirklicht und produziert dort mit seinen Kunden Aufnahmen in den verschiedensten Stilen.

Wie schafft man es, als Duo so eine lange Zeit durchzuhalten? „Wir sind halt stur!“, lautet die Antwort. Die Chemie zwischen den beiden Freunden stimmt immer noch. Der Instrumentenpark hat sich, wie auf Standing Strong zu hören, allmählich erweitert. Den beiden ist wichtig, mit ihren Alben nah an dem Klang zu bleiben, den ihr Publikum bei Liveauftritten bekommt. Ihr kreatives Potenzial ist alles andere als erschöpft. Das honorierte kürzlich auch der Preis der deutschen Schallplattenkritik, der mit dem neuen Werk zum zweiten Mal ein Album der Broom Bezzums auszeichnete.

Ein Geburtstagskonzert wird, passend zur Bandgründung im Herbst 2005, am 24. Oktober in Freinsheim stattfinden. Ein Wunschprojekt gibt es noch: ein Best-of-Album mit Titeln aus allen bisherigen Alben auf Vinyl herauszubringen.

www.broombezzums.de

Diskografie:

Arise You Sons Of Freedom (Steeplejack Music, 2007)
Under The Rug (Steeplejack Music, 2008)
Wine From A Mug (Steeplejack Music, 2011)
Winterman (Steeplejack Music, 2012)
Round The Houses (EP; Steeplejack Music, 2013)
No Smaller Than The World (Steeplejack Music, 2015)
Winterman (Bonus Edition) (Steeplejack Music, 2017)
Standing Strong (Feel Your Way Music, 2025)

Broom Bezzums

Foto: Eva Giovannini

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