Kolumne

Für eine selbstbestimmte Wahl des Arbeitsverhältnisses an Musikschulen

10. Juni 2025

Lesezeit: 2 Minute(n)

Im Sommer 2022 stufte das Bundessozialgericht das Arbeitsverhältnis einer Honorarkraft an einer kommunalen Musikschule als scheinselbstständige Tätigkeit ein. Es beschied der Honorarkraft eine Eingliederung in den Musikschulbetrieb und fehlende unternehmerische Freiheiten und Risiken. Dieses Urteil, bekannt geworden als „Herrenberg-Urteil“, führte zu einer Neubewertung der Prüfkriterien künftiger Statusfeststellungsverfahren.

Text: Frank Korte

Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung definierten daraufhin im Mai 2023 die Kriterien für scheinselbstständige Tätigkeiten neu. Dieser Kriterienkatalog wurde zum Maßstab für Honorartätigkeiten im Bildungsbereich und gipfelte in der falschen, aber stetig wiederholten Aussage: „Die Beschäftigung von Honorarkräften an Musikschulen ist nicht mehr möglich.“

Diese Aussage betraf nahezu den ganzen außerschulische Bildungsbereich – Volkshochschulen, Universitäten, berufliche Bildung, Anbieter von Integrations- und Sprachkursen.

Pikant an der Geschichte ist, dass in den meisten Fällen – der als scheinselbstständig Geltenden – die Auftraggeber Einrichtungen des Staates, also der Kommunen oder des Landes sind. Gewaltige Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen zu Lasten der Steuerzahlenden drohen aufgrund Tausender plötzlich als scheinselbstständig eingestufter Honorarkräfte.

Daher lud das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Verbände der Bildungseinrichtungen und Gewerkschaften zu Gesprächen, an denen auch der Verband deutscher Musikschulen und der Bundesverband der Freien Musikschulen teilnahmen. Ziel der noch andauernden Gespräche ist der Erhalt von Honorartätigkeiten.

Der Bundesverband der Freien Musikschulen setzt sich für die freie Wahl des Arbeitsverhältnisses ein. Das Recht auf Selbstständigkeit muss für die gestärkt werden, die gerne selbstständig sind und es auch bleiben wollen. Musikschulen müssen freiberufliche Musikschaffende unbürokratisch und rechtssicher als Lehrkräfte auf Honorarbasis beschäftigen können. Eine Reform des Statusfeststellungsverfahrens ist unabdingbar.

Aktuell wurde eine Übergangslösung erreicht, die die Musikschulen vor drohenden Nachzahlungen schützt. Bis Ende 2026 gilt, dass im Falle einer Prüfung, die eine Versicherungspflicht der Lehrkraft feststellt, die Versicherungspflicht erst ab Januar 2027 gilt – vorausgesetzt, die Vertragsparteien gingen bei Vertragsschluss übereinstimmend von einer Selbstständigkeit aus und die betroffene Lehrkraft stimmt zu. Somit wurde Zeit gewonnen, um entweder bis Anfang 2027 auf Festanstellungen umzustellen oder Arbeitsverhältnisse zu schaffen, die rechtssicher Honorartätigkeiten ermöglichen.

Wenn man die Rechtsprechung zur Statusfeststellung von Honorarkräften betrachtet, darf man deren ursprüngliche Zielsetzung, den Schutz der Solidargemeinschaft und das Verhindern von prekären Arbeitsverhältnissen, nicht aus den Augen verlieren. Die derzeitige Praxis ist bürokratisch, intransparent und fehleranfällig. Es braucht daher eine Reform. „Ein ausreichend hohes Honorar (Vorsorgefähigkeit) und der Nachweis der tatsächlichen Altersvorsorge sind die zwei am höchsten zu wertenden Positivkriterien, die sicherstellen, dass sozial Schutzbedürftige vor Ausbeutung geschützt werden. Daraus ergeben sich Möglichkeiten, die zu einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung führen können“, so die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbständigenverbände in ihren Reformvorschlägen zum Statusfeststellungsverfahren, die ein wirksames und schnelles Prüfverfahren aufzeigen.

Anders formuliert: Nicht die Form des Anstellungsverhältnisses entscheidet über Vorsorgefähigkeit und Altersarmut, sondern die Höhe der Löhne und Honorare. Somit stellt sich die Frage: Was ist uns musikalische Bildung wert?

www.freie-musikschulen.de

www.musikschule-intern.de

Zum Autor: Frank Korte studierte visuelle Kommunikation und Fotografie. Er arbeitete für Agenturen und Kunden im Bereich Multimedia. Seit Herbst 2015 leitet er die Bundesgeschäftsstelle des Bundesverbandes der Freien Musikschulen. 2023 übernahm er zudem die Leitung des Onlinefachmagazins musikschule intern.

Frank Korte

Foto: privat

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