Steve Leon & The Accusations

Geniestreich aus Belgien

10. März 2025

Lesezeit: 3 Minute(n)

Mit Borrowed Time Bonanza veröffentlicht das Sextett aus Antwerpen sein außergewöhnliches Debüt. Der auch inhaltlich aussagekräftige Stilmix aus Indie, Country und Folk braucht angloamerikanische Vorbilder nicht zu scheuen. Sänger und Gitarrist Steve Leon, der das Album ohne Zeitdruck in seinem eigenen Studio aufgenommen und mit Bob Macc (Mastering) analog auf 16-Spur-Band produziert hat, stand dem folker Rede und Antwort.

Text: Frank Keil; Fotos: Koen Van Buggenhout

War Musik in deinem Elternhaus präsent? Oft ist der Weg zum Berufsmusiker nicht leicht und verläuft über Umwege. Wie war es bei dir?

Ich stamme nicht aus einer musikalischen Familie. In meiner Kindheit lief in unserem Haus kaum Musik. Ich erinnere mich, dass mein Vater eine Beach-Boys- und eine Creedence-Clearwater-Revival-Kassette im Auto hatte, die er sehr mochte. Aus dem Radio blieb mir „Walk On The Wild Side“ von Lou Reed nachhaltig in Erinnerung. Mein Taschengeld habe ich für CDs und eine Gitarre gespart, die ich mir dann mit fünfzehn gekauft habe. Bis heute spiele ich Musik auf semiprofessioneller Basis. Ich habe einen Teilzeitjob, der mir eine gewisse finanzielle Sicherheit gibt. Auf diese Weise kann ich alle musikalischen Entscheidungen frei treffen. Von dem Moment an, als ich eine Gitarre in die Hand bekam, begann ich in Punkbands zu spielen. Über The Clash fand ich dann den Weg zu Reggae und spielte bei den Spellbreakers.

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Wie einfach oder schwer war es in Antwerpen Mitstreiter für deine aktuellen Soundvorstellungen zu finden?

Während der Pandemie begann ich mich mit meiner langjährigen Liebe zu Country und Folk auseinanderzusetzen. So wurde erst die Idee und dann die Band geboren. Meine Frau Mila Francis spielt Geige, Mandoline & Gitarre und singt die Harmonien. Das war also ziemlich einfach. Unseren Bassisten Kristof Van de Vliet kannte ich von der gemeinsamen Band Smooth Lee. Yannick Hermans, unser Gitarrist, war vor Jahren ein Kollege in meinem Job und ist ein Fan alter Countrymusik. Zufälligerweise waren sowohl Tim Martens am Schlagzeug als auch Bouke Cools an Pedal Steel, Dobro und Banjo bei einer unserer „End-Of-The-Pandemic“-Shows im Publikum. Ihnen gefiel der Auftritt sehr gut und sie fragten, ob sie sich der Band anschließen könnten. Ein toller Zufall!

Das hört sich nach einem harmonischen Bandgefüge an. Schlägt sich das auch in den Arrangements nieder?

Wir haben alle unsere eigenen musikalischen Hintergründe und Einflüsse, die wir in die Band einbringen. Ich singe und spiele zunächst akustisch, dann mit der Band. Wir versuchen alle, dem Song zu dienen und hören einander wirklich zu. Wir maximieren das dynamische Potenzial der Besetzung. Es ist toll, diese Art von intuitiver Energie in einer gemeinsamen Band zu erleben.

Mit Louche wurde eine erste EP veröffentlicht. Gibt es einen Unterschied zum Sound von Borrowed Time Bonanza oder war die EP sozusagen der Wegbereiter für das Album?

Beide wurden auf 16-Spur-Band aufgenommen, aber der Hauptunterschied besteht darin, dass Louche größtenteils aus Bandüberarbeitungen von Demos bestand, die ich während der Pandemie eingespielt hatte. Die Arrangements basierten also weitgehend auf dem, was ich mir ausgedacht hatte. Die Songs des Albums wurden von der ganzen Band von Grund auf neu arrangiert. Ich habe also das Gefühl, dass es da eine große Entwicklung gibt. Auf dieser Platte kommen die Persönlichkeiten der anderen Bandmitglieder viel mehr zum Tragen, was zu viel dynamischeren Arrangements geführt hat.

 

Um welche Themen drehen sich deine Texte auf dem Album?

Die Texte dieses Albums wurden von einem Leben in einer Post-Pandemie-Welt geprägt. Sie sind eine ehrliche Auseinandersetzung mit meiner inneren Welt und den Beziehungen zu anderen beziehungsweise zwischen anderen Menschen.

„Wir maximieren das dynamische Potenzial der Besetzung.“

Kannst du zwei, drei Lieblingstitel auf dem Album nennen?

Meine persönlichen Favoriten sind „Bound To Break“, „Live Every Day“ und „Fiction“. Für mich sind das die drei stärksten Songs auf dem Album. Zusammen vermitteln sie einen guten Eindruck davon, worum es uns als Band geht. Die werden wir sicher auch bei den kommenden Liveshows in Belgien, den Niederlanden und in Deutschland im Frühjahr spielen.

Das Album wurde in deinem eigenen Studio aufgenommen. Schätzt Du auch hier die Unabhängigkeit?

Auf jeden Fall. Ich bin so weder von Studiozeiten noch von Studiomieten abhängig. Allerdings produziere ich dort hauptsächlich eigenes Material und nur gelegentlich den ein oder anderen Titel für Freunde.

Abschließend noch eine Frage zum außergewöhnlich schönen Retrocover. Wer hat es sich ausgedacht und umgesetzt?

Mila und ich fanden das alte Spielzeug, also die Cowboys, das Fort und die Dinosaurier auf einem Flohmarkt. Es passte perfekt zum Ende-der-Welt-Verweis des Albumtitels. Ein Freund von mir, der Fotograf Koen Van Buggenhout, hat dann die Fotos für das Cover aufgenommen.

www.steveleonandtheaccusations.bandcamp.com

www.youtube.com/@steveleonandtheaccusations

Aktuelles Album:

Borrowed Time Bonanza (Off Label Records/Broken Silence, 2024)

Steve Leon & The Accusations

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